Inga Leopold, Dr. iur. Jürgen Peter
Rz. 236
Wie einleitend bereits dargelegt, ist es bei der Kündigung leitender Angestellter i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG nicht erforderlich, den Betriebsrat anzuhören. Der "Betriebsrat" der leitenden Angestellten ist der Sprecherausschuss, der nach Maßgabe der Vorschriften des SprAuG in Betrieben mit i.d.R. mindestens zehn leitenden Angestellten gem. § 5 Abs. 3 BetrVG zu bilden ist.
§ 31 Abs. 2 SprAuG bestimmt, dass der Sprecherausschuss vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören ist. Der Arbeitgeber hat dem Sprecherausschuss dabei die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. § 31 Abs. 2 S. 3 SprAuG ordnet an, dass eine ohne Anhörung des Sprecherausschusses ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Hierbei gilt ebenso wie bei der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG, dass auch eine fehlerhafte Anhörung des Sprecherausschusses ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Auch bei leitenden Angestellten hat der Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Sprecherausschuss zu beteiligen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Anhörung nach § 102 BetrVG verwiesen werden. Die dortigen Grundsätze gelten, sofern Gesetz oder Rechtsprechung keine spezifischen Regelungen für den Sprecherausschuss vorsehen, entsprechend. Auf die Ausführungen zu § 102 BetrVG kann daher umfassend verwiesen werden.
Rz. 237
Anders als nach § 102 Abs. 3 und Abs. 5 BetrVG steht dem Sprecherausschuss allerdings nach § 31 SprAuG kein Widerspruchsrecht zu. Der Sprecherausschuss kann lediglich Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung innerhalb einer Woche und Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen unter schriftlicher Angabe der Gründe, die den Bedenken zugrunde liegen, dem Arbeitgeber mitteilen. Wenn sich der Sprecherausschuss nicht innerhalb der vorgenannten Fristen äußert, gilt dies als Einverständnis des Sprecherausschusses mit der Kündigung (vgl. § 33 Abs. 2 SprAuG). Da das SprAuG aber kein Widerspruchsrecht des Sprecherausschusses vorsieht, kommt demgemäß ein gesetzlicher Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten leitenden Angestellten nicht in Betracht. Weiterbeschäftigung kann daher von dem gekündigten leitenden Angestellten unter Umständen nur dann verlangt werden, wenn seiner Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht (1. Instanz) stattgegeben worden ist. Insoweit gelten dann auch für den leitenden Angestellten die allgemeinen Grundsätze (vgl. insoweit § 13 Rdn 1 ff.).
Rz. 238
Schwierigkeiten können sich in der Praxis insbesondere daraus ergeben, dass häufig nicht klar ist, ob der zu kündigende Arbeitnehmer leitender Angestellter i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG ist oder nicht. Dabei ersetzt die Mitteilung nach § 105 BetrVG weder eine Anhörung nach § 102 BetrVG noch kann sie in eine solche umgedeutet werden. In der Praxis üblich ist es, unter ausdrücklicher Kennzeichnung die Mitteilung nach § 105 BetrVG und eine (vorsorgliche) Anhörung nach § 102 BetrVG miteinander zu verbinden (zu der Problematik s.o. Rdn 16).
Rz. 239
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Muster 12.3: Mitteilung nach § 105 BetrVG/Vorsorgliche Anhörung nach § 102 BetrVG
Sehr geehrte(r) Herr/Frau _________________________,
wir teilen Ihnen mit, dass die _________________________AG gegenüber Herrn/Frau _________________________ den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung beabsichtigt.
Mit diesem Schreiben kommen wir unserer Ihnen gegenüber nach § 105 BetrVG obliegenden Verpflichtung zur Mitteilung über die beabsichtigte Kündigung des Herrn/der Frau _________________________ nach. Herr/Frau _________________________ ist leitende(r) Angestellte(r) i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Schreiben zugleich auch der vorsorglichen Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG dient. Die Anhörung insoweit erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ausschließlich aus Gründen rechtlicher Vorsorge für den Fall, dass sich im Rahmen eines etwaigen arbeitsgerichtlichen Verfahrens herausstellen sollte, dass Herr/Frau _________________________ kein(e) leitende(r) Angestellte(r) ist.
Mit dieser einschränkenden Maßgabe teilen wir Ihnen daher weiter Folgendes mit: _________________________
Zu beachten ist, dass das SprAuG keine den Regelungen des § 103 BetrVG entsprechenden Regelungen vorsieht.
Bezüglich Gegenstand, Zeitpunkt, Inhalt, Form, Beschlussfassung und Rechtsfolgen mangelhafter Beteiligung sind die zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze anzuwenden.