I. Sachverhalt
Rz. 2
Die Ehefrau wird im Straßenverkehr verletzt. Sie ist Mutter eines Kindes (1 Monat). Das Neugeborene wird nachts dreimal gestillt (2 Std.); der Zeitaufwand für das Kind wird zu ⅔ von der Ehefrau und zu ⅓ vom Ehemann übernommen. Das Nettohaushaltseinkommen beträgt monatlich 2.800,00 EUR; seit dem Unfall leistet die Mutter der Geschädigten unentgeltliche Hilfe im Haushalt der Eheleute.
Der Unfall ereignete sich am 1.6.2014, der Schädiger ist zu 100 % eintrittspflichtig. Die Ehefrau erlitt Verletzungen des rechten Fußgelenks und des rechten Wadenbeinnervs mit der Folge der Versteifung des oberen Sprunggelenks und einer Peronäuslähmung. Sie hielt sich drei Wochen im Krankenhaus und weitere drei Wochen bei einer stationären Reha (AHB) auf. In der Häuslichkeit war es erforderlich, anfangs den Rollstuhl zu benutzen und später Unterarmgehstützen (UAG) zu verwenden. Der medizinische Dauerschaden ist ab dem 1.4.2015 eingetreten (das heißt, weitere medizinische Verbesserungen sind nicht mehr zu erwarten). Seit 1.4.2015 benötigt die Geschädigte weder den Rollstuhl noch die UAG. Die Regulierung der Ansprüche erfolgt außergerichtlich im November 2016. Wie hoch ist der Schadensersatzbetrag auf den Haushaltsführungsschaden vom 1.6.2014 bis zum 31.12.2016 und wie hoch ist der monatliche Rentenanspruch ab 1.1.2017 auf den Haushaltsführungsschaden?
II. Lösung
Rz. 3
1. Zeitfenster: 1.6.2014 – 14.7.2014: 6 Wochen stationär
Tabelle 1 (siehe § 4 Rdn 6): |
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37,80 Std./Woche |
Tabelle 4 (siehe § 7 Rdn 7): |
Ziffer 1: |
7,00 Std./Woche |
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Ziffer 2: |
16,94 Std./Woche |
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Ziffer 3: |
4,06 Std./Woche |
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Ziffer 4: |
45,50 Std./Woche |
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Ziffer 7: |
94,50 Std./Woche |
abzüglich 2 Std./Nacht Stillzeit |
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– 2 Std./Woche |
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= 92,50 Std. |
davon 50 % (vgl. § 7 Rdn 5: Der ungestörte Nachtschlaf wird mit 50 % angesetzt) |
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= 46,25 Std. |
Stillzeit (diese Zeit zählt voll, da der Nachschlaf unterbrochen ist) |
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+ 2 Std. |
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= 48,25 Std. |
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Ziffer 1 – 7: |
121,75 Std./Woche |
davon Ehefrau ⅔ |
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= 81,16 Std./Woche |
Insgesamt (37,8 Std. + 81,16 Std.) |
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118,96 Std./Woche |
Erklärt die Mandantin demgegenüber, 90 Std./Woche wären korrekt, sollte dieser Wert in Ansatz gebracht werden.
Der ersparte Eigenanteil in der Häuslichkeit während der stationären Unterbringung ist auf 20 % zu schätzen. Von 100 % MdH bei stationärem Aufenthalt werden aus Vereinfachungsgründen die ersparten 20 % abgesetzt.
= 80 % Schaden |
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80 % von 90 Std./Woche |
= 72 Std./Woche |
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x 11,50 EUR (10,00 + 1,50 EUR; vgl. Tabelle 7; § 10 Rdn 6) |
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= 828,00 EUR/Woche |
x 6 Wochen |
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= 4.968,00 EUR |
Rz. 4
2. Zeitfenster: 15.7.2014 – 31.3.2015: 8,5 Monate
Dauer-MdH gem. Tabelle 6: |
OSG-Versteifung |
= 20 % MdH |
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Peronäuslähmung |
= 40 % MdH |
Die Einschränkungen liegen auf derselben "Strecke", d.h. im Bereich des rechten Fußes und des rechten Wadengelenks, sodass eine moderate Anhebung der höchsten Einzel-MdH 50 % MdH ergibt (vgl. § 9 Rdn 4 und 5).
Problem: Erst Rollstuhl, dann UAG → 70 % MdH im Durchschnitt seit Entlassung aus der Reha bis zum Eintritt des Dauerschadens (Arztberichte lesen und Mandant befragen).
70 % von 90 Std./Woche |
= 63 Std./Woche |
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x 11,50 EUR/Std. |
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= 724,50 EUR/Woche |
x 4,33 Wochen |
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= 3.137,08 EUR/Monat |
x 8,5 Monate |
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= 26.665,22 EUR |
Rz. 5
3. Zeitfenster: 1.4.2015 – 31.12.2016 = 21 Monate
Tipp
Wenn die Regulierung im November erfolgt, bis Jahresende rechnen und die Zukunft schadensersatzrechtlich am 1.1.2017 beginnen lassen, damit die Regulierung übersichtlich bleibt.
50 % Dauer-MdH (siehe 2. Zeitfenster)
50 % von 90 Std./Woche |
= 45 Std./Woche |
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x 11,50 EUR/Std. |
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= 517,50 EUR/Woche |
x 4,33 Wochen |
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= 2.240,77 EUR/Monat |
x 21 Monate |
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= 47.056,27 EUR |
Vergangenheit:
Für den Zeitraum vom Unfalltag bis zum 31.12.2016 (1. bis 3. Zeitfenster) hat die Geschädigte einen Anspruch auf die Schadensersatzposition des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 78.689,49 EUR.
Zukunft:
Achtung
Ab Ende des 1. Lebensjahres des Kindes neu rechnen.
Tabelle 4 (siehe § 7 Rdn 7): |
Ziffer 1: |
8,19 Std. |
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Ziffer 2: |
11,41 Std. |
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Ziffer 3: |
5,46 Std. |
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Ziffer 4: |
51,94 Std. |
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Ziffer 5: |
– |
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Ziffer 6: |
– |
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Ziffer 7: |
91 Std. |
aktive Betreuungszeit nachts |
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– 14 Std. |
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= 77 Std. |
davon 50 % |
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= 38,50 Std. |
Nachtstunden |
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+ 2 Std. |
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= 40,5 Std. |
Insgesamt Ziffer 1 – 7 |
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117,50 Std./Woche |
Davon ⅔ Ehefrau |
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= 78,33 Std./Woche |
Der Betreuungsaufwand für das Kind ist für die Geschädigte um 8,33 Std./Woche gestiegen. Wenn die Mandantin jedoch erklärt, dass sie in der Kinderbetreuung keinen Mehraufwand festgestellt hat, nachdem das Kind jetzt ein Jahr alt ist, hat sie ab 1.1.2017 einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für den Haushaltsführungsschaden in Höhe von 2.240,77 EUR monatlich. Die Rente ist quartalsmäßig vorschüssig fällig, §§ 843 Abs. 2, 760 BGB.