Birgit Eulberg, Michael Ott-Eulberg
Rz. 180
Ganz entscheidend für die Bemessung der Vergütung ist der Zeitfaktor. Das Dokumentieren der aufgewandten Zeit ist zwar lästig, jedoch gerade bei komplizierten Pflegschaften unumgänglich; sie muss allerdings nicht übertrieben werden. Der Zeitaufwand des Pflegers braucht nicht im Einzelnen belegt zu werden, sondern muss lediglich in seiner ungefähren Größenordnung festgestellt werden, ggf. durch Schätzung entsprechend § 287 ZPO. Eine minutengenaue Zeiterfassung ist nach heutiger Rechtslage jedenfalls nicht mehr erforderlich, zumal sie letztlich für den Rechtspfleger nicht umfassend nachprüfbar ist. Es ist ausreichend, wenn der Nachlasspfleger seinen Zeitaufwand so nachvollziehbar darlegt, dass dem Nachlassgericht eine Überprüfung auf Plausibilität möglich ist. Eine Aufstellung über den Zeitaufwand kann sich daher auf Oberbegriffe wie "Aktenanlage", "Wohnungsbesichtigung", "Korrespondenz", "Telefonat", "Besprechung", "Erbenermittlung", "Postbearbeitung", "Nachlassverzeichnis", "Berichterstattung", "Verwaltungsabrechnung" etc. beschränken.
Rz. 181
Die Höhe der Vergütung des Berufspflegers stellt das Nachlassgericht nach seinem Ermessen fest. Welcher Stundensatz angemessen ist, ist unterschiedlich. Ausgangsbasis ist die Entscheidung des BGH im Jahre 2000, dessen Leitsätze wie nachfolgend lauten:
Zitat
"… 1. Für die Höhe der Vergütung eines Berufsbetreuers sind die Stundensätze des § 1 BVormVG nur dann verbindlich, wenn der Betreute mittellos ist und die Vergütung deshalb ohne Rückgriffsmöglichkeit aus der Staatskasse zu zahlen ist. … 2. Für die Höhe der Vergütung des Betreuers eines vermögenslosen Mündels sind sie jedoch eine wesentliche Orientierungshilfe. Das bedeutet zum einen, dass sie Mindestsätze darstellen, die nicht unterschritten werden dürfen, und zum anderen, dass sie im Regelfall angemessen sind und nur überschritten werden dürfen, wenn dies die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte ausnahmsweise gebietet."
Rz. 182
Als nicht mittellos ist ein Nachlass anzusehen, der über hinreichende Mittel zur Bezahlung der Vergütung für den Nachlasspfleger verfügt. Die Vergütung des Anwaltnachlasspflegers wird von den Gerichten unterschiedlich festgesetzt. Der Rahmen bewegt sich zwischen 60 bis 200 EUR.
Rz. 183
Berufsnachlasspfleger können bezüglich der vorhandenen Fachkenntnisse in drei Gruppen unterteilt werden:
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als Berufsnachpfleger tätige Rechtsanwälte und vergleichbare Berufsgruppen entsprechender Qualifikation; |
▪ |
andere Berufsnachlasspfleger mit niedrigerer Qualifikation als vorstehend; |
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Berufsnachlasspfleger mit geringerer Qualifikation. |
Rz. 184
Je nach individueller Qualifikation des Nachlasspflegers sind höhere Sätze anzuwenden. Folgende Vergütungsspannen kommen als Stundensätze in Betracht:
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90 EUR bis 150 EUR für als Berufsnachlasspfleger tätige Rechtsanwälte und vergleichbare Berufsgruppen entsprechender Qualifikation; |
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70 EUR bis 100 EUR für andere Berufsnachlasspfleger mit niedrigerer Qualifikation als vorstehend; |
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50 EUR bis 80 EUR für Berufsnachlasspfleger mit geringerer Qualifikation. |
Rz. 185
Übersicht: Tätigkeits- und Qualifikationskriterien für Vergütung des Nachlasspflegers
1. Stufe: Einfache Fachkenntnisse erforderlich |
Tätigkeitsinhalte wie: |
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Auflösung einer durchschnittlich möblierten Wohnung |
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Sicherung von inländischen Konten (ein Girokonto, ein Sparkonto) |
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keine Lebensversicherung |
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keine Erbenermittlung |
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geringes Nachlassvermögen |
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kurze Dauer der Pflegschaft |
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Abschluss durch Erschöpfung/Hinterlegung des Nachlasses |
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2. Stufe: Höhere Fachkenntnisse erforderlich |
Tätigkeitsinhalte zusätzlich: |
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Wohnungsauflösung mit werthaltigem Mobiliar |
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Konten/Depots bei verschiedenen inländischen Banken |
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Lebensversicherungen |
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werthaltiger Nachlass ohne liquide Mittel |
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hohe oder verstreute Verbindlichkeiten |
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einfache Erbenermittlung in der ersten und zweiten Erbordnung |
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keine verfügbaren Unterlagen zur Erfassung des Nachlasses |
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Rückforderung unberechtigter Verfügungen über den Nachlass |
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Beteiligung des Erblassers an Erbengemeinschaft mit einfacher Auseinandersetzung |
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Teilnachlasspflegschaft, Mitwirkung an Teilauseinandersetzung des zu bearbeitenden Nachlassfalles |
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Beteiligung an Zwangsversteigerungen und Vollstreckungsmaßnahmen für oder gegen den Nachlass |
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selbstgenutze(s) Einfamilienhaus/Eigentumswohnung, kleinflächiges, sonstiges Grundvermögen mit geringem Verwaltungsaufwand |
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Fertigung persönlicher Steuererklärung des Erblassers |
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Abschluss von Verträgen |
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Haustiere |
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3. Stufe: Besondere Fachkenntnisse erforderlich |
Tätigkeitsinhalte zusätzlich: |
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hochwertige Antiquitäten und Sammlungen |
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Lebensversicherungen mit streitigen Bezugsrechten |
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Erbenermittlung in der dritten Erbordnung oder schwierige Erbenermittlung in den ersten und zweiten Erbordnungen mit Auslandsbezug, nichteheliche Kinder und Adoptionskinder, nachverstorbene Erben |
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Beteiligung des Erblassers an Erbengemeinschaft mit schwieriger Auseinandersetzung |
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vermieteter und verpachtete... | |