Birgit Eulberg, Michael Ott-Eulberg
Rz. 4
Die Nachlasspflegschaft ist die gängigste Nachlasssicherungsmaßnahme. Die Sicherungspflegschaft stellt in der Praxis das bedeutsamste Sicherungsmittel dar. Für den noch unbekannten Erben wird ein Personenpfleger bestellt. Da die Sicherungspflegschaft jedoch die kostenintensivste Maßnahme darstellt, sollten im Interesse des unbekannten Erben auch die anderen Sicherungsmittel in Betracht gezogen werden, wobei die Gerichte die nachfolgenden Maßnahmen nahezu nie anordnen. Weitere Mittel zur Nachlasssicherung sind:
1. Siegelung
Rz. 5
Die Anordnung der Siegelung ist Aufgabe des Nachlassgerichts. Die Entscheidung wird vom Rechtspfleger getroffen. Die Anordnung erfolgt von Amts wegen oder auf Antrag. Der Rechtspfleger kann die Ausführung der Versiegelung zwar selbst vornehmen, wird diese aber i.d.R. anderen Organen übertragen; maßgebend ist das Landesrecht. Diese kostengünstige Möglichkeit der Nachlasssicherung wird viel zu selten ergriffen, obwohl dadurch sehr schnell eine Sicherung erreicht werden kann. Sie sollte z.B. von potentiellen Erben in Erwägung gezogen werden. Wird die Anlegung von Siegeln behindert, so kann sie erforderlichenfalls mit den Gewaltmitteln der §§ 35, 87 Abs. 3, 89, 90, 92 Abs. 2, 94, 95 FamFG erzwungen und durchgesetzt werden. Das Anlegen von Siegeln ist jedoch kein Sicherungsmittel für einen Miterben, der die Erbschaft angenommen hat. Um den Nachlass nunmehr zu sichern, ist er auf die Vorschriften des BGB zu verweisen. Ein Erbe oder Miterbe, der bekannt ist und die Erbschaft angenommen hat, besitzt kein Beschwerderecht gegen eine Anordnung des Nachlassgerichts, durch die eine Siegelung als Sicherungsmaßnahme gem. § 1960 BGB aufgehoben wird. Der Erbe oder Miterbe, der bekannt ist und die Erbschaft in Besitz hat, hat keinen Anspruch auf nachlassgerichtliche Sicherungsmaßnahmen.
2. Amtliche Inverwahrnahme
Rz. 6
Diese sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn bei der Siegelung des Nachlasses Geld, Sparbücher und kleinere Gegenstände von besonderem Wert gefunden werden. Der die Sieglung vornehmende Beamte hat zum Nachlass gehörende, oben angeführte Gegenstände sofort zu verzeichnen und in die amtliche Aufbewahrung zu verbringen.
Die amtliche Inverwahrnahme wird jedoch in der Praxis nicht umgesetzt, sondern oftmals gleich Nachlasspflegschaft angeordnet.
3. Kontensperrung
Rz. 7
Wenn neben einzelnen Wertgegenständen Konten aufgefunden werden, könnte das Nachlassgericht die Kontensperrung veranlassen. Die allgemein anerkannte Befugnis des Nachlassgerichts, den Beteiligten für die Fortführung des Haushalts, des Geschäfts- und Wirtschaftsbetriebs sowie zur Erfüllung dringender Nachlassverbindlichkeiten, namentlich zur Bestreitung der Beerdigungskosten, eine bestimmte Geldsumme zu überlassen, mit der Verpflichtung, später mit den Erben abzurechnen, ist für die Praxis vollkommen unbedeutend. Das Nachlassgericht wäre berechtigt, ggf. Geldinstitute anzuweisen, vom Konto des Verstorbenen Geldbeträge an bestimmte Personen zur Auszahlung zu bringen, dies geschieht jedoch nicht. Die nachlassgerichtliche Sicherungsmaßnahme gem. § 1960 BGB, die eine Kontensperrung zum Gegenstand hat, muss Rechte Dritter wahren.
4. Klage- bzw. Prozesspflegschaft gem. § 1961 BGB
Rz. 8
Will der Nachlassgläubiger gegen einen ungewissen endgültigen Erben klagen oder einen Prozess fortführen (§ 243 ZPO), so kann er auf das Instrument der Klag- bzw. Prozesspflegschaft zurückgreifen. Die Anordnung der Klag- bzw. Prozesspflegschaft hat die Bestellung eines Nachlasspflegers zur Folge, der den ungewissen endgültigen Erben vertritt. Gegen den nach § 1960 Abs. 3 BGB als Vertreter handelnden Nachlasspfleger kann der Nachlassgläubiger prozessieren oder einen begonnenen Prozess fortführen (§ 243 ZPO).
5. Sonstige Sicherungsmaßnahmen
Rz. 9
Die oben angeführten Sicherungsmittel sind nicht abschließend. Je nach Fallgestaltung könnten unterschiedliche Maßnahmen getroffen werden. Es kämen Vormerkungen, Widersprüche, Postsperren sowie die Bestellung eines Hauswächters oder die Anordnung des Verkaufs verderblicher Sachen etc. in Betracht, was jedoch keine Praxisrelevanz hat.