Rz. 142

Der Nachlasspfleger als der Vertreter der unbekannten Erben kann einen laufenden Prozess übernehmen und weiterführen. Der Nachlasspfleger ist nicht Partei des Rechtsstreits, Partei ist der endgültig unbekannte Erbe.

aa) Vertretung

 

Rz. 143

Die Anordnung der Nachlasspflegschaft berührt die Verpflichtungs- und Verfügungsfähigkeit des endgültigen Erben nicht. Daraus sich ergebende Widersprüche sind nach allg. Grundsätzen zu lösen. Danach hat regelmäßig die zuerst vorgenommene Handlung den Vorzug. Hat der Nachlasspfleger, etwa ohne Kenntnis von der Annahme, über den gleichen Gegenstand wie der Erbe eine Verpflichtung übernommen, so sind beide Verpflichtungen nebeneinander gültig; haben beide zudem verfügt, so geht die frühere Verfügung der späteren vor (§ 185 Abs. 2 S. 2 BGB).

bb) Prozessführung

 

Rz. 144

Der Erbe behält neben dem Nachlasspfleger seine Prozessfähigkeit.

Wenn der bekannte Erbe bereits einen Aktivprozess eingeleitet hat – pro herede gestio –, kann der Nachlasspfleger keinesfalls gegen den Willen des Erben in den von diesem eingeleiteten Prozess eintreten.[80] Wenn der Nachlasspfleger den Prozess mit Zustimmung des Erben übernommen hat, steht der Erbe dann einer nicht prozessfähigen Person gleich, § 53 ZPO.

 

Rz. 145

Der Nachlasspfleger ist aktiv und passiv zur Führung von den Nachlass betreffenden Rechtsstreitigkeiten befugt. Ein gem. § 246 ZPO ausgesetztes Verfahren endet mit der Bestellung eines zur Prozessführung berechtigten Nachlasspflegers.

 

Praxishinweis

Bei Passivprozessen ist zu beachten: Die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen, die sich gegen den Nachlass richten, ist bis zur Annahme der Erbschaft durch den wahren Erben nicht gegenüber dem Erben (§ 1958 BGB), sondern nur gegenüber dem Nachlasspfleger (§ 1960 Abs. 3 BGB) zulässig.

Im Passivprozess muss der Nachlasspfleger die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass sich nicht im Urteil vorbehalten lassen, § 780 Abs. 2 ZPO.

 

Rz. 146

Gemäß § 53 ZPO tritt eine Monopolisierung der Prozessführungsbefugnis ein. Der Gläubiger, der einen Anspruch gegen den Nachlass hat, hat die Möglichkeit, entweder einen schon bekannten Erben oder den Nachlasspfleger zu verklagen. Die Prozessführung gegen einen bekannten Erben und den Nachlasspfleger als Gesamtschuldner ist nicht zulässig. Es soll ein divergierendes Prozessverhalten vermieden werden.[81]

 

Rz. 147

Der Nachlasspfleger ist zur Führung von Aktivprozessen befugt. Bei Beendigung der Nachlasspflegschaft treten die Erben anstelle des Pflegers in einen von diesem geführten Prozess ein, ohne dass eine Aussetzung oder Unterbrechung des Prozesses erfolgt, also unmittelbar mit der Aufhebung der Pflegschaft.

[80] BGH NJW 1988, 49.
[81] MüKo-ZPO/Lindacher/Hau, § 53 Rn 1.

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