Cordula Schah-Sedi, Michel Schah-Sedi
Rz. 254
Der Fahrerunfallschutz ist weitgehend unbekannt. Oftmals wird von Maklern und von Ausschließlichkeitsagenten propagiert, dass der Fahrer eines Fahrzeuges eine private Unfallversicherung braucht, um die Lücke zu schließen, die entsteht, wenn er einen 100 %ig selbstverschuldeten Unfall verursacht und hierdurch einen Personenschaden erleidet. Jedoch zeigt die langjährige Erfahrung des Autors im Bereich der privaten Unfallversicherung, dass ein derartiger Schutz bei weitem nicht so umfangreich ist, wie der Fahrerunfallschutz. Bei der privaten Unfallversicherung erhält der Versicherungsnehmer eine vertraglich vereinbarte Versicherungssumme, die nach Höhe der Prämie anhand der Gliedertaxe bestimmt wird. Schaut man sich zudem noch die Bedingungen der AUBs an, so stellt man schnell fest, dass es neben den üblichen Ausschlüssen und Obliegenheiten auch in der Regel nicht zu solchen Zahlungen wie im Haftpflichtrecht kommt, da nach den Bedingungen der Versicherer bis zu 3 Jahre Zeit hat, die Sache abzuwarten und zu prüfen, ob eine Heilung oder eine Verbesserung des Schadens eingetreten ist oder nicht. Da in der Vielzahl der Verletzungen lediglich "Knochenbrüche" nach der Gliedertaxe Berücksichtigung finden, stellt man selbst bei Schwerstverletzten fest, dass diese nach dem Leistungskatalog der privaten Unfallversicherungen nur geringe Summen erhalten. Mitunter ist ein Polytrauma, d.h. eine Verletzung, die mehrfach lebensbedrohlicher Art ist, wieder gut ausgeheilt, so dass der Versicherungsnehmer einer privaten Unfallversicherung gar keine oder nur eine geringe Leistung des privaten Unfallversicherers erhält. Ferner ist auch weitgehend unbekannt, dass z.B. eine private Unfallversicherung bei einem Milzverlust gar nicht leistet. Andere Versicherer vertreten dagegen die Auffassung, dass ein Milzverlust lediglich mit einem Invaliditätsgrad von 10 % anzusetzen sei. Alle diese Einschränkungen bestehen beim Fahrerunfallschutz dagegen nicht. Er ist daher eine sinnvolle Ergänzung zum allgemeinen Kfz-Haftpflichtschutz. Das Schmerzensgeld, welches nach der Rechtsprechung deutlich höher ausfallen wird als die gesamten Leistungen eines privaten Unfallversicherers, verstärkt diese Argumentation.
Rz. 255
Es ist jedoch von ganz entscheidender Bedeutung, dass der Fahrerunfallschutzversicherer insbesondere dann erhebliche Leistungen erbringt, wenn der berechtigte Fahrer, der den Unfall selber verschuldet hat, schwerstverletzt ist und seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. In diesem Fall kann der berechtigte Fahrer mitunter einen lebenslangen Verdienstausfall und lebenslange Pflegekosten geltend machen, was existentiell sein kann. Gerade die Pflegekosten können monatlich in schwersten Fällen über 10.000,00 EUR ausmachen.
Rz. 256
Es gibt keinen wirtschaftlich vergleichbaren Versicherungsschutz im Bereich der Personenversicherungen, der auch nur ansatzweise einen solchen Schutz bietet wie der Fahrerunfallschutz. Ohne ihn wäre der berechtigte Fahrer, der einen Unfall verursacht hat und sich selbst schwerste Verletzungen zugezogen hat, wegen der Pflegekosten, dem Verdienstausfall und der vermehrten Bedürfnisse auf die gesetzliche Sozialversicherung angewiesen. Man mag an dieser Stelle nicht an die wirtschaftlichen Folgen denken, die sich bei der ungedeckten Schadensspitze des Erwerbsschadens und der Pflegekosten für den Geschädigten ergeben. Ein schwerstpflegebedürftiger Mensch würde in relativ kurzer Zeit finanziell völlig ruiniert sein und sein Leben auf Sozialhilfeniveau fristen müssen; abgesehen davon, dass kein Sozialversicherungsträger Zahlungen auf Schmerzensgeld erbringt. Auch die Realisierung der Kostenübernahme für hauswirtschaftliche Unterstützung durch den Sozialversicherungsträger ist mehr als ungewiss.
Rz. 257
Berücksichtigt man ferner, dass zurzeit die Mehrprämien für den Fahrerunfallschutz äußerst gering sind und schon im Bereich von 30 EUR jährlich angeboten werden, so ist dieser aus Sicht der Autoren absolut zu empfehlen.
Rz. 258
Vertreter der privaten Unfallversicherung würden wahrscheinlich als Zusatzargument vortragen, dass der Unfallschutz der privaten Unfallversicherung rund um die Uhr und weltweit an jedem Ort gilt und nicht lediglich für Fahrer eines Fahrzeuges, wie es der Fahrerunfallschutz gewährleistet. Vergleicht man jedoch den Leistungskatalog und die einzelnen Prämien miteinander und bezieht man die Statistik ein, wie häufig Unfälle im Straßenverkehr eintreten und wie häufig Unfälle im privaten Bereich geschehen, so wird man zu dem Ergebnis kommen, dass der Fahrerunfallschutz hinsichtlich seines Leistungskataloges deutlich attraktiver ist als eine private Unfallversicherung.