Rz. 15
Bisweilen wird im Allgemeinen, laienhaften Sprachgebrauch bei der Verwendung des Begriffs "Produkthaftpflichtversicherung" nicht weiter zwischen den einzelnen Deckungen differenziert, nämlich der Rückrufkostendeckung, der Umwelthaftpflichtdeckung, der D&O-Versicherung (vgl. dazu Rdn 15 ff.), der Produktschutzversicherung oder der Rückruf-Bilanzschutzversicherung. Vielfach sind die unterschiedlichen Deckungslösungen sogar Anwälten unbekannt. Deshalb sei im Einzelnen auf Folgendes – in gebotener Kürze – hingewiesen:
a) Rückrufkostendeckung
Rz. 16
Im Produkthaftpflichtmodell sind nach Ziff. 6.2.8 Ansprüche wegen näher bestimmter Kosten sowie Ansprüche wegen Beseitigungs- bzw. Vernichtungskosten im Rahmen der Ziff. 4.2.2.4 und 4.3.2.3, die im Zusammenhang mit einem sog. Rückruf von Erzeugnissen geltend gemacht werden, ausgeschlossen. Der Grund für die Versagung des Deckungsschutzes durch den Versicherer (vgl. dazu auch Ziff. 4.4.4.3 und 4.6.5) liegt auf der Hand. Die Absicherung birgt enorme Kostenrisiken für den Versicherer. Es kann in der Serienfertigung – insbesondere im Kraftfahrzeugbereich – zu beachtlichen mangelhaften Stückzahlen und zu dadurch verursachten hohen Austauschkosten kommen. Nicht nur bei weltweiter Verbreitung handelt es sich für den Versicherer insoweit um ein erhebliches Risiko. Die Versicherer waren – bei Schaffung des Modells – nicht bereit, ein solch hohes Risiko im Modell selbst zu übernehmen. Allerdings haben sich die Versicherer – nicht zuletzt auf Intervention der Automobilindustrie – bereit erklärt, den Versicherungsschutz dafür – allerdings zunächst nur bezogen auf den Kraftfahrzeugbereich – zusätzlich abzusichern, und zwar im Rahmen einer besonderen "Rückrufkostenversicherung". Die Kfz-Rückrufkostenversicherung hatte Vorbildfunktion für andere Industriezweige. Inzwischen werden – entsprechend der Verbandsempfehlung für Rückrufkosten-Haftpflichtversicherungen des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft – seit 1998 zwei Modelle angeboten: Zum einen die "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Kfz-Teile-Zulieferer" – kommentiert werden die Bedingungen mit Stand August 2008 (neuere Fassung: Februar 2016) – sowie die "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung für Hersteller- und Handelsbetriebe" – Stand: Februar 2016 (siehe dazu auch die Ausführungen zur Rückrufkosten-Haftpflichtversicherung, Rdn 182 ff.).
Der Druck der Automobilwirtschaft, ein "Mehr" an Versicherungsschutz zu erhalten, wächst. Der GDV wird sich diesem Thema stellen (müssen) und wird unter Umständen sogar neue Konzepte erarbeiten. Die "Gefahr" für die Versicherungswirtschaft besteht, dass andernfalls die Automobilwirtschaft eigene Lösungen anbieten könnte.
b) Umwelthaftpflicht
Rz. 17
Nach Ziff. 7.10 (a) AHB sind Ansprüche, die gegen den Versicherungsnehmer wegen Umweltschäden gemäß Umweltschadengesetz oder anderen auf der EU-Umwelthaftungsrichtlinie (2004/35/EG) basierenden nationalen Umsetzungsgesetzen geltend gemacht werden, und nach Ziff. 7.10 (b) sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung und alle sich daraus ergebenden weiteren Schäden grundsätzlich vom Haftpflichtrisiko ausgenommen. Dies gilt nicht im Rahmen der Versicherung privater Haftpflichtrisiken oder (bei Ziff. 7.10 (b) Abs. 2), wenn gegen den Versicherungsnehmer Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkung erhoben werden, die durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse (auch Abfälle), durch Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen (Produkthaftpflicht), es sei denn, sie resultieren aus der Planung, Herstellung, Lieferung, Montage, Demontage, Instandhaltung oder Wartung von bestimmten Anlagen. Eines we...