Rz. 61
Der Hintergrund der Ziff. 4.1 ist in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung für Mangelfolgeschäden aus der ehemaligen "Zusicherung von Eigenschaften" nach § 463 BGB a.F. zu sehen. Mit der Streichung des § 463 BGB a.F. ist der Sinn des Deckungsbausteins 4.1 durchaus fragwürdig. Mit guten Gründen lässt sich die These vertreten, dass mit dem Wegfall der Haftung wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften an sich kein zwingender Bedarf mehr für die Deckungserweiterung besteht. In der Literatur wird bisweilen angeführt, dass sich mit der Streichung des § 463 BGB a.F. die Aufgabe stelle, die Produkthaftpflichtversicherung so auszugestalten, dass an Stelle der früheren Eigenschaftszusicherung gleichwertige Vertragskonstruktionen erfasst blieben. Die vom Gesetz ermöglichte Abbedingung des Verschuldenserfordernisses – in § 276 BGB "Garantie" genannt – entspreche genau dem Deckungsbedürfnis. Andere stellen zur Begründung des Sinns der Ziff. 4.1 auf das auf Händlerseite bestehende Deckungsbedürfnis ab, dem die Klausel des 4.1 gerecht werde.
Rz. 62
Die Lieferung einer fehlerhaften Kaufsache ist nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB stets eine Pflichtverletzung i.S.d. §§ 437 Nr. 3, 280 BGB. Der Unterschied zwischen der im früheren Recht geregelten Eigenschaftszusicherung und der neuen Haftung aus Pflichtverletzung durch mangelhafte Lieferung hängt mit dem Verschulden zusammen. Für den Käufer besteht unter Umständen das Interesse, für besonders wichtige Eigenschaften der Kaufsache den – nach altem Recht geregelten – Zustand der verschuldensunabhängigen Haftung des Verkäufers herzustellen. Diese Möglichkeit eröffnet § 276 BGB. Der üblicherweise geltende Maßstab des "Vertretenmüssens" – Vorsatz oder Fahrlässigkeit – kann vertraglich verändert, aber insbesondere auch – wenn es denn dem Käuferinteresse entspricht – vertraglich verschärft werden. Die vom Gesetz ermöglichte Abbedingung des Verschuldenserfordernisses wird in § 276 Abs. 1 S. 2 BGB "Garantie" genannt, wie auch bis dato – nämlich bis zur Schuldrechtsmodernisierung – die bisherige Eigenschaftszusicherung als eine Art "Garantie" betrachtet wurde.
aa) Voraussetzungen für das Eingreifen des Deckungstatbestandes
(1) Personen- oder Sachschaden und/oder weitere Schäden
Rz. 63
Voraussetzung ist das Vorliegen eines Personen- oder Sachschadens und/oder daraus entstandene weitere Schäden.
(2) Vorliegen vereinbarter Eigenschaften
Rz. 64
Voraussetzung ist ferner das Vorliegen von "vereinbarten Eigenschaften". Im Hinblick auf die Streichung des § 463 S. 1 BGB a.F. ist zunächst herauszustellen, dass mit den vereinbarten Eigenschaften nicht die Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gemeint sein kann. Denn für die Folgen des Fehlens der jeweiligen Beschaffenheit will der Verkäufer ja erkennbar nicht verschuldensunabhängig einstehen. Das verschuldensunabhängige Einstehenwollen ergibt sich dann, wenn über den Verschuldensmaßstab des Gesetzes (§ 276 Abs. 1 BGB) – hinaus gehaftet werden soll. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verkäufer – nach alter Rechtslage – eine Eigenschaftszusicherung abgegeben hatte. Wenn also aufgrund der früheren Rechtsprechung die "Zusicherung einer Eigenschaft" zu bejahen gewesen wäre, ergibt sich aus § 276 Abs. 1 S. 1 BGB, dass der Verkäufer für das Fehlen der Eigenschaft schuldunabhängig einzustehen hat. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB stellt klar, dass sich aus einer vom Schuldner übernommenen Garantie eine schuldunabhängige Einstandspflicht ergeben kann, nicht aber muss, so dass bei jeder "Garantieübernahme" ihr Inhalt durch Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Zu den Deckungsvoraussetzungen der Ziff. 4.1 gehört, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich "verschuldensunabhängig einstehen möchte". Ob und inwieweit er eine Garantie darüber hinaus abgibt, ist irrelevant. Haltbarkeitsgarantien i.S.d. §§ 443, 479 BGB werden eben erst gar nicht versichert. Um es nochmals zu verdeutlichen: Der Maßstab des § 276 BGB darf nur im Hinblick auf die Schadensersatzhaftung nach § ...