Rz. 145
Voraussetzung für das Eingreifen der Ziff. 6.2.5 ist, dass keine ausreichende Erprobung nach dem "Stand der Technik" vorliegt, oder die Erzeugnisse nicht "in sonstiger Weise" ausreichend erprobt waren. In den "älteren" Modellen von 1974 bis 1987 hatte der Versicherungsnehmer noch die "anerkannten Regeln der Technik oder Wissenschaft" einzuhalten. Die Modelle von 2000 und 2002 beinhalten noch den Begriff "Stand von Wissenschaft und Technik". Ziff. 6.2.5 spricht nunmehr (nur noch) vom "Stand der Technik" (auch im ProdHM 2025). Insbesondere die Regelung des § 3 Abs. 6 des Bundesimmissionsschutzgesetzes beschreibt den "Stand der Technik" (für dieses Gesetz) – im Anschluss an die Arbeit von Marburger – wie folgt:
Rz. 146
Zitat
"Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes (BImSchG) ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die im Anhang aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen."
Rz. 147
Aber weder Marburger und ebenso wenig das Bundesverfassungsgericht haben den Begriff des "Stands der Technik" letztendlich durchdrungen. Der Begriff ist eben nicht leicht zu umreißen. Es ist ein unbestimmter, kein "feststehender" Rechtsbegriff. Nach Marburger erfassen die "allgemein anerkannten Regeln der Technik" nur bestimmte technische Verfahrensweisen, nämlich die, die sich bereits in der betrieblichen Praxis – und nicht nur in der betrieblichen Entwicklung – bewährt haben und als praktisch "erfolgreiche Problemlösungen" betrachtet werden können. Bezogen auf die Ausschlussklausel sei dies der aktuelle Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen zur Erprobung, der die praktische Eignung des Erzeugnisses für den konkreten Verwendungszweck gesichert erscheinen lässt. In der versicherungsrechtlichen Literatur wird – in Bezug auf die inzwischen nebeneinander vorfindbaren Termini nach den "anerkannten Regeln der Technik", dem "Stand der Technik" und dem "Stand von Wissenschaft und (statt oder) Technik" – ein bestehendes Stufenverhältnis interpretiert, wobei letztes Zitat "höchster Maßstab", die anerkannten Regeln der Technik“ hingegen der niedrigste Stand sein soll. Damit läge die Formulierung im Modell in der Mitte.
Rz. 148
AGB-rechtlich betrachtet dürfte dieser Begriff des aktuellen Modells trotzdem nicht zu beanstanden sein (vgl. auch Rdn 157).
Rz. 149
Zur exakten Umschreibung bedarf es in der Praxis im Einzelfall zumeist der Beiziehung von Sachverständigen.