Rz. 81
Ziff. 4.3 regelt den Fall der Weiterver- und -bearbeitung des vom Versicherungsnehmer gelieferten Erzeugnisses, ohne dass weitere Materialien hinzugefügt werden. Zu denken ist hier beispielhaft an Fallkonstellationen, in denen etwa mangelhafte Kunststoffe (Zuliefererprodukte) zu Verpackungen (vom Endhersteller) gepresst werden, oder – ganz allgemein – aus einem Zuliefererprodukt gefertigte Produkte unbrauchbar werden. Zu erwähnen ist das Spinnen von Garn, wenn das Garn fehlerhaft war oder die Weiterverarbeitung von Stoffen durch Weben oder Stricken. In der Metallbranche sind zu erwähnen das Pfalzen von Blechen oder auch das Verformen von Stangen. Wenn beispielsweise aus dem Zuliefererprodukt Stahl in einer Stanzmaschine Ventile geformt werden, die später in Motoren implementiert werden, und sich herausstellt, dass der Schlackeanteil in der Zuliefererstahlstange mangelhaft war, dadurch das neue Gesamtprodukt, nämlich das Ventil ebenfalls mangelhaft wird und es später zu Brüchen an dem Ventil und zu der Verabschiedung mehrerer Ventile und damit zu einer Zerstörung des Motors kommt, können die Voraussetzungen der Ziff. 4.3 gegeben sein.
Rz. 82
Der Deckungsbaustein Ziff. 4.3 ist der Regelung der Ziff. 4.2 weitestgehend angepasst, so dass zu Einzelheiten auf die Ausführungen zu Ziff. 4.2 verwiesen werden kann, mit der Besonderheit, dass eine der Ziff. 4.2.2.5 (Produktionsausfallkosten) vergleichbare Regelung fehlt.
Rz. 83
Zur Klarstellung sei jedoch hervorgehoben, dass entweder Ziff. 4.3 oder aber Ziff. 4.2 eingreifen kann, nicht aber – bezogen auf ein und denselben Sachverhalt – beide Tatbestände gleichzeitig.
aa) Voraussetzungen für das Eingreifen des Deckungstatbestandes
(1) Erzeugnis des Versicherungsnehmers
Rz. 84
Es geht hier – was den Begriff angeht – um einen entsprechenden in Ziff. 4.2.1 bereits beschriebenen Terminus, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (siehe Rdn 71).
(2) Mangelhaft hergestelltes oder geliefertes Erzeugnis
Rz. 85
Auch was die Mangelhaftigkeit angeht, gilt das zu Ziff. 4.2.1 Ausgeführte (siehe Rdn 70).
(3) Weiterverarbeitung
Rz. 86
Entscheidend ist, dass das gelieferte Produkt des Versicherungsnehmers durch einen Dritten in ein anderes "umgewandelt" oder "umgestaltet" wird. Das zugelieferte Erzeugnis bleibt erhalten, wird aber verändert, verbessert, veredelt oder sonstig optimiert. Betroffen sind Vorgänge wie Polieren, Wärmebehandeln, Spannen oder Schleifen; die Weiterbearbeitung kann jedoch auch in einem bloßen "Assembling", also dem Zusammenfügen als Bausatz gelieferter Teile, bestehen. Eine Weiterverarbeitung ist beispielsweise darin zu sehen, dass ein Kunststoffbehälter aus geliefertem Kunststoff gepresst wird. Eine Weiterverarbeitung liegt demgegenüber aber nicht vor, wenn das Versicherungsnehmer-Erzeugnis allein und ausschließlich für Verarbeitungsprozesse als Hilfsmittel gebraucht wird, etwa als Kälte- oder Schmiermittel, weil es insofern am Merkmal der "Weiterverarbeitung" fehlt.
Beispiel
Der Versicherungsnehmer liefert Kunststoffmasse zur Herstellung von CDs. Nach dem Pressen stellt sich heraus, dass die CDs infolge eines Herstellungsfehlers in der Kunststoffmasse eine zu geringe Härte aufweisen und unbrauchbar sind.
(4) Nicht untrennbar verbunden
Rz. 87
Ferner zählt zu den Voraussetzungen der Ziff. 4.3, dass das "Weiterverarbeiten" stattfindet, "ohne dass es zu einer Verbindung, Vermischung oder einer Verarbeitung" mit anderen Produkten kommt. Im Gegensatz zu Ziff. 4.2 wird im Rahmen der Ziff. 4.3 tatsächlich nur der Weiterverarbeitungstatbestand angesprochen. Da in der Regel nicht nur das Versicherungsnehmer-Erzeugnis weiterverarbeitet wird, sondern andere Zutaten hinzugefügt werden, ist der Anwendungsbereich und damit auch die Bedeutung der Ziff. 4.3 nicht so hoch wie die der Ziff. 4.2 oder 4.4.
(5) Neues Produkt
Rz. 88
Infolge der Weiterverarbeitung muss ferner ein neues Produkt (z.B. der bereits zitierte Kunststoffbehälter) entstehen. Entscheidend ist, dass das neue Produkt infolge des ursprünglichen Mangels wiederum unbrauchbar oder nur bedingt brauchbar ist.
bb) Folge
Rz. 89
Wie bereits hervorgehoben, ist der Anwendungsbereich der Ziff. 4.3 und dessen Bedeutung relativ gering. Da das vom Versicherungsnehmer gelieferte Material selbst in den Erfüllungsbereich fällt und deswegen vom Produkthaftpflicht-Modell nicht gedeckt ist (vgl. Ziff. 6.1.1), ist der gedeckte Vermögensschaden lediglich der, der durch den vergeblichen Verarbeitungsaufwand entsteht. Es ist hervorzuheben, dass bei Ziff. 4.3 die Deckungsvoraussetzungen (4.3.1) und deren Folgen (4.3.2) zu unterscheiden sind. Auch hier gilt – wie schon zu Ziff. 4.2 ausgeführt –, dass nur die Schadenspositionen gedeckt sind, die ausschließlich in den Ziff. 4.3.2.1 ff. aufgelistet und enumerativ aufgeführt sind.
(1) Herstellungskosten (Ziff. 4.3.2.1)
Rz. 90
Gedeckt werden die Kosten für die Weiterverarbeitung oder Bearbeitung der mangelhaften Erzeugnisse, sofern die verarbeiteten oder bearbeiteten Erzeugnisse tatsächlich "...