Rz. 129
Zitat
RVG §§ 15, 22
Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird.
a) Der Fall
Rz. 130
Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Schäden die Beklagten unstreitig aufzukommen hatten, beauftragte die Klägerin im Februar 2012 ihren späteren Prozessbevollmächtigten damit, im Hinblick auf den ihr entstandenen Fahrzeugschaden, ihre Gutachter-, Mietwagen-, Ummeldungs- und Abschleppkosten sowie die allgemeine Kostenpauschale Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt 8.721,45 EUR gegenüber den jetzigen Beklagten außergerichtlich geltend zu machen. Auf die anwaltliche Aufforderung, den Schaden zu regulieren, erbrachte die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.702,41 EUR. Zudem ersetzte sie der Klägerin an außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten 555,61 EUR, wobei sie der Abrechnung eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.702,41 EUR zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer zugrunde legte.
Rz. 131
Nachdem die Beklagte zu 3 weitere Zahlungen abgelehnt hatte, erteilte die Klägerin ihrem Rechtsanwalt Auftrag zur Klage, mit der sie gegen die Beklagten restliche Schadensersatzansprüche in Höhe von 3.019,04 EUR zuzüglich weiterer außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 359,50 EUR, nämlich eine 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 3.019,04 EUR zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, geltend machte. Nach Zustellung der Klage erfüllte die Beklagte zu 3 die Hauptforderung der Beklagten voll. Auf die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bezahlte sie weitere 162,79 EUR, wobei sie ihrer Berechnung eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 8.721,45 EUR zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zugrunde legte und von den so ermittelten Kosten in Höhe von 718,40 EUR die bereits vorprozessual erbrachte Zahlung in Abzug brachte. Die restlichen 196,71 EUR nebst Zinsen waren – soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung – Gegenstand des Rechtsstreits.
Rz. 132
Die Klägerin vertrat unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 1.10.1968 – VI ZR 159/67 (VersR 1968, 1145 ff.) die Auffassung, der vorprozessual erledigte Teil der ursprünglichen Forderung einerseits und der übrige Teil der Forderung andererseits seien gebührenrechtlich auch im Hinblick auf die außergerichtliche Geschäftsgebühr gesondert zu betrachten, sodass die diesbezüglichen Kosten nicht einmal aus einem Gesamtgegenstandswert von 8.721,45 EUR, sondern gesondert einmal aus einem (Teil-)Wert von 5.702,41 EUR und zusätzlich aus einem (Teil-)Wert von 3.019,04 EUR zu berechnen seien.
Rz. 133
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten hat sie das Landgericht unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrte die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 134
Das Berufungsurteil hielt revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Zutreffend kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung weiterer außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zustand.
Die Bemessung der Höhe eines Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.
Rz. 135
Derartige Rechtsfehler waren dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war.
Rz. 136
Zu Recht ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Klägerin die streitgegenständlichen weiteren vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten im Innenverhältnis zu ihrem...