Rz. 32
Gesetzliche Vermutung der Nichteignung; die Fahrerlaubnisbehörde hat die FE zu entziehen (§ 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG a.F.). Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung der FE haben keine aufschiebende Wirkung (§ 4 Abs. 7 S. 2 StVG a.F.). Dementsprechend ist auch hier im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu stellen.
Rz. 33
Nach der Entscheidung des BVerwG v. 25.9.2008 ist geklärt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Klage gegen den Entzug der FE beim Erreichen von 18 Punkten abweichend von den allgemeinen Grundsätzen im Verwaltungsprozessrecht aufgrund materiellen Rechts der Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung ist, die zum Erreichen von 18 Punkten geführt hat (auch wenn die Zuwiderhandlung erst später rechtskräftig geahndet wird) und nicht der Erlass des Entzugsbescheids. Denn durch das Erreichen der Schwelle von 18 Punkten gilt der Betroffene kraft Gesetzes als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen (Wortlaut des § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG a.F.) und erlangt seine Eignung durch Vorlage einer positiven medizinisch-psychologischen Untersuchung, wobei eine neue FE frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit des Entzugs wegen Erreichen von 18 Punkten erteilt werden darf (§ 4 Abs. 10 StVG a.F.). Damit kommt es darauf an, ob die Behörde im Zeitpunkt des Entzugs der FE zu Recht von einem Punktestand von (mindestens) 18 Punkten ausgegangen ist. Eine Punktereduzierung durch Zeitablauf im Widerspruchsverfahren (sofern das Widerspruchsverfahren nicht durch landesrechtliche Regelungen abgeschafft wurde) ist damit nicht möglich.
Rz. 34
Mit Erreichen von 18 Punkten (durch Verwirklichung der entsprechenden Verkehrsverstöße) gilt der Betroffene kraft Gesetzes als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Es ist daher unerheblich, dass bis zur Bekanntgabe eines Entzugsbescheids durch Tilgung von Eintragungen eine Reduzierung des Punktestandes eingetreten ist. Es ist auch unbeachtlich, wenn zwischen Begehung der letzten, 18 Punkte herbeiführenden Auffälligkeit und der Rechtskraft des Bußgeldbescheids ein längerer Zeitraum liegt.
Rz. 35
Die relativ strenge Folge des (kraft Gesetzes) sofort vollziehbaren Entzugs bei Erreichen von 18 Punkten rechtfertigt sich aus den in § 4 Abs. 3 S. 1 StVG a.F. vor dem Entzug der FE zwingend vorgesehenen zwei Stufen, die dem Betroffenen eine Warnung und Hilfestellung sein sollen. Damit ist ihm eine Möglichkeit der Verhaltensanpassung/-umkehr gegeben. Damit ein Betroffener nicht durch eine schlagartige Erhöhung des Punktestandes die Stufe "Aufbauseminar" oder "Entzug der FE" erreicht, wenn nicht die zuvor im Gesetz genannte Maßnahme ergriffen wurde, ist in § 4 Abs. 5 StVG a.F. die Reduzierung des Punktestandes vorgesehen. Damit wird der Punktestand so reduziert, dass der vom Gesetz vorgesehene abgestufte Maßnahmenkatalog eingehalten wird.
Rz. 36
Der Entzug der FE ist auch nicht dann unverhältnismäßig, wenn ein Führerscheininhaber geltend macht, beruflich bedingt eine besonders hohe Fahrleistung zu erbringen und entsprechend einem höheren Risiko von Verkehrsauffälligkeiten zu unterliegen. Gerade auch "Vielfahrer" müssen sich ebenso strikt an die Verkehrsregeln halten.