Prof. Dr. Winfried Grieger
I. Rechtliche Grundlagen
1. Wirksamkeit einer Schlichtungsvereinbarung
Rz. 53
Die Schlichtung ist eine nicht prozessrechtlich vorgegebene Form zur Regelung von Streitigkeiten. Der Sinn der Schlichtung besteht darin, mit Hilfe eines Dritten und mediativer Mittel zwischen den Parteien eine gütliche Einigung zu erzielen. Gelingt das nicht, kann der von beiden Parteien bestimmte Dritte einen Einigungsvorschlag unterbreiten, den die Parteien annehmen, aber auch ablehnen können.
Rz. 54
Entscheidend für diesen Weg ist, dass die Parteien selbst den Lösungsweg aus ihren Problemen herausfinden sollen und nur im Notfall von dem gewählten Schlichter auf eine Lösungsmöglichkeit hingewiesen werden darf. In Bezug auf diese Lösungsmöglichkeit haben die Parteien dann die Entscheidungsalternative zwischen Annahme und Ablehnung. Im letzteren Fall jedoch führt dies dann zu einer weiteren Ebene der Auseinandersetzung, die entweder eine schiedsgerichtliche oder eine gerichtliche Auseinandersetzung sein kann.
In seinem Beschl. v. 28.4.2017 hat das OLG Köln noch einmal deutlich gemacht, dass sich Bauvertragsparteien jederzeit zu einem anderen Verfahren bekennen können als dem staatlichen Gerichtsverfahren. Eine Schlichtungsvereinbarung führt jedoch nicht zu einer von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzung. Auf sie muss man sich berufen. Die Einrede ist jedoch dann hinfällig, wenn die Schlichtung erkennbar aussichtslos ist, vgl. OLG Köln v. 28.4.2017, IBR 2018, 176.
Neben diesem negativen Beschluss muss man natürlich beachten, dass gesetzlich Schlichtungen vorgeschrieben sind. Dieser gesetzliche Grundsatz ergibt sich u.a. aus § 15a EGZPO und § 1 HSchlG.
In Nachbarrechtsstreitigkeiten ist zuvor die Schlichtung nach § 15a EGZPO durchzuführen, ansonsten würde das gerichtliche Verfahren wegen Unzulässigkeit und damit mangels Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen werden.
Schließlich, und hierauf wird für Baustreitigkeiten noch einmal deutlich hingewiesen, gibt es auch als Schlichtungsstelle die sog. vorgesetzte Stelle gem.§ 18 Abs. VOB/B. Sie stellt auch einen Weg der außergerichtlichen Streitbeilegung dar.
Rz. 55
Wie diese wenigen einleitenden Worte bereits deutlich machen, steht somit am Anfang eines solchen Weges der außergerichtlichen Streitlegung, die Vereinbarung zwischen den Parteien. Ihr kommt allein schon deswegen eine ganz besondere Bedeutung zu, weil keine prozessrechtliche Vorschrift sich mit dem Verfahren und den Folgen einer solchen Streitbeilegung wie der Schlichtung auseinandersetzt.
Rz. 56
Diese Vereinbarung ist, wenn man sich für einen solchen Weg außergerichtlicher Streitbeilegung als erstem Schritt entscheiden will, möglichst zu Anfang, d.h. vor dem Beginn eines Streites zu treffen, da in diesem Fall das Harmoniebestreben auf beiden Seiten so stark ist, dass sich niemand gegen eine solche Regelung wehren wird. Zumindest ist festzustellen, dass zu diesem Zeitpunkt einer Vertragsbeziehung zwischen beiden Parteien kein negativer Verdacht geschöpft wird, wenn man über den Abschluss einer Vereinbarung über eine solche außergerichtliche Streitbeilegung nachdenkt und sie anregt.
2. Grundsätzliche Anforderungen an eine Schlichtungsvereinbarung
Rz. 57
Zunächst sollten sich die Beteiligten fragen, welche Aufgabe der Schlichter haben soll. Soll er während der gesamten Vertragslaufzeit zur Verfügung stehen und bei aufkeimenden Konflikten sofort zur Verfügung stehen?
Rz. 58
Soll der Schlichter erst dann kommen, wenn keinerlei Ausweg gefunden werden kann oder soll jede Partei die Möglichkeit haben, den Schlichter anzufordern, wenn sie meint, der vorzufindende Sachverhalt ergäbe einen entsprechenden Handlungsbedarf?
Rz. 59
Eine weitere Frage, die man sich stellen muss, ist in Baustreitigkeiten stets und immer das Thema, ob die Schlichtung sowohl die technischen Probleme als auch die juristischen Probleme umfassen soll. Wenn sie beide Bereiche umfassen soll, stellt sich natürlich auch die Frage, ob im Rahmen der Schlichtung auch Sachverständige hinzugezogen werden können. Letzteres ist zu empfehlen, da eine überwiegende Zahl der Auseinandersetzungen der am Bau beteiligten sich auf technische Fragen zurückführen. Nur ein kleiner Anteil umfasst ausschließlich und allein juristische Fragen, die juristische Fachkenntnisse verlangen.
Rz. 60
Des Weiteren muss man sich die Frage stellen, was eine baubegleitende Schlichtung erreichen soll. Soll sie bereits zu endgültigen unumstößlichen Vereinbarungsinhalten führen? Ist es vielleicht nicht vielmehr der Sinn und Zweck einer solchen Regelung, zunächst Ruhe in die bauliche Abwicklung zu bringen, um, wenn überhaupt noch nötig, später streitige Fragen zu klären?
Rz. 61
Diese vorgenannten Gesichtspunkte sind nicht typisch für eine Checkliste, sondern sie sind entscheidend für die Frage, ob man eine außergerichtliche Streitbeilegung installieren möchte und wann man sie in Anspruch nehmen können soll.
Rz. 62
Es empfiehlt sich, die vorgenannten Themen in einer Schlichtungsvereinbarung zusammenzufassen. Ein entsprechender Vorschlag findet sich in der Anlage.
3. Anforderung an den Inhalt
Rz. 63
Die ZPO stellt keine Anforderungen a...