Rz. 55

Ist dem Beweisverfahren eine außergerichtliche Vertretung vorausgegangen, so wird die Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV oder auch die der Nr. 2303 VV nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens zur Hälfte, höchstens zu 0,75, angerechnet, da dies dann das erste nachfolgende gerichtliche Verfahren nach Teil 3 VV ist.[16] Die Geschäftsgebühr wird dann allerdings nicht nochmals auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits angerechnet.

 

Beispiel 32: Beweisverfahren mit vorangegangener Vertretungstätigkeit

Der Anwalt ist zunächst außergerichtlich tätig wegen Baumängeln in Höhe von 30.000,00 EUR. Die Sache ist sehr umfangreich, sodass eine 2,0-Gebühr angemessen ist. Anschließend führt der Anwalt das Beweisverfahren durch. Es findet ein Sachverständigentermin statt, an dem er teilnimmt.

Die Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens mit dem Höchstsatz von 0,75 anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 2,0-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   1.910,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.930,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   366,70 EUR
Gesamt   2.296,70 EUR
II. Selbstständiges Beweisverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 716,25 EUR
  0,75 aus 30.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.146,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.691,25 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   321,34 EUR
Gesamt   2.012,59 EUR
 

Rz. 56

Kommt es dann nach dem Beweisverfahren zum Hauptsacheverfahren, ist die volle Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens – nicht der um die Anrechnung der Geschäftsgebühr verminderte Betrag nach Vorbem. 3 Abs. 5 VV – auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits anzurechnen.[17]

 

Beispiel 33: Beweisverfahren mit nachfolgendem Hauptsacheverfahren und vorangegangener Vertretungstätigkeit

Der Anwalt ist zunächst außergerichtlich tätig wegen Baumängeln in Höhe von 30.000,00 EUR. Die Sache ist sehr umfangreich, sodass eine 2,0-Gebühr angemessen ist. Anschließend führt der Anwalt das Beweisverfahren durch. Es findet ein Sachverständigentermin statt, an dem er teilnimmt. Hiernach kommt es zum Hauptsacheverfahren, in dem nach mündlicher Verhandlung ein Urteil ergeht.

Die Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens mit dem Höchstsatz von 0,75 anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV). Die (volle, nicht die um die Anrechnung verminderte) Verfahrensgebühr ist wiederum auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits anzurechnen (nach Vorbem. 3 Abs. 5 VV).

 
I. Außergerichtliche Vertretung
1. 2,0-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   1.910,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.930,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   366,70 EUR
Gesamt   2.296,70 EUR
II. Selbstständiges Beweisverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,   – 716,25 EUR
  0,75 aus 30.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.146,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.691,25 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   321,34 EUR
Gesamt   2.012,59 EUR
III. Hauptsacheverfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 5 VV anzurechnen, – 1.241,50 EUR
  1,3 aus 30.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.146,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.166,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   221,54 EUR
Gesamt   1.387,54 EUR
 

Rz. 57

Kommt es zu unterschiedlichen Werten, so ist gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV bzw. in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift stets nur nach dem Wert anzurechnen, der in die nächste Angelegenheit übergeht. Soweit die Geschäftsgebühr wegen ihres höheren Werts nicht aus dem Gesamtwert auf die Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens angerechnet werden kann, ist der noch verbleibende Anrechnungsbetrag dann im Rechtsstreit anzurechnen.[18]

 

Beispiel 34: Beweisverfahren mit geringerem Wert als nachfolgendes Hauptsacheverfahren und vorangegangene Vertretungstätigkeit[19]

Der Anwalt war zunächst nach einem Wert von 10.243,96 EUR außergerichtlich tätig. Anschließend wurde ein selbstständiges Beweisverfahren über einen Teilbetrag in Höhe von 5.010,00 EUR geführt und danach der Rechtsstreit, wiederum über 10.243,96 EUR.

Zunächst einmal war eine 1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV aus 10.243,96 EUR angefallen.

Im selbstständigen Beweisverfahren ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV angefallen, allerdings nur aus dem geringeren Wert von 5.010,00 EUR. Darauf ist die Geschäftsgebühr hälftig anzurechnen, und zwar gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV aus dem Wert, der aus der außer...

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