Rz. 47
Inwieweit das als Einzelunternehmen betriebene Handelsgewerbe des Erblassers in die Insolvenzmasse fällt, hängt von erbrechtlichen Besonderheiten ab.
Soweit Alleinerbfolge eintritt, fällt das Unternehmen unbeschränkt in den Nachlass.
Rz. 48
Führt der Erbe das Geschäft aktiv fort, so trifft ihn gem. §§ 27 Abs. 1 i.V.m. 25 Abs. 1 HGB die unbeschränkte Haftung mit seinem Eigenvermögen für alle Verbindlichkeiten. Die Haftung tritt jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten ein. Die Haftungsregelung des § 27 HGB dient damit dem Verkehrsschutz und schafft eine Gleichstellung von Alt- und Neuverbindlichkeiten.
Rz. 49
Führt der Nachlassinsolvenzverwalter das Unternehmen fort, wird keine Haftung des Erben nach den §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 HGB begründet. Seine Haftung ist bereits durch den Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beschränkt worden.
Rz. 50
Auch hinsichtlich der Haftung nach § 27 HGB ergibt sich aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB das Erfordernis der Firmenkontinuität. Der Erbe muss das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt haben. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Frage der Massezugehörigkeit. Hat der Erbe die Identität des Unternehmens durch seine Art und Weise oder die Dauer der Fortführung verändert, ist nicht mehr von dem ursprünglichen Erblasser-, sondern von einem Erbenbetrieb auszugehen, womit weder Erträge aus dem Unternehmen noch das Unternehmen selbst Teil der Nachlassinsolvenzmasse werden.
Rz. 51
Die Frage ist am jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Das maßgebliche Abgrenzungskriterium wird aber stets die Dauer der Fortführung durch den Erben bilden, also konkret die Fragem wie kurz nach dem Eintritt des Erbfalls die Nachlassinsolvenz beantragt wird. Allein der Ablauf der Frist aus § 27 Abs. 2 HGB oder eine Umfirmierung durch den Erben sind nicht ausreichend, können aber Indizien für eine Identitätsänderung sein.
Rz. 52
Ist davon auszugehen, dass sich die Identität aufgrund der Fortführung durch den Erben nachhaltig verändert hat und ein sog. Erbenbetrieb vorliegt, fallen Betriebsgrundstücke weiterhin in den Nachlass. Ebenso hat der Nachlassinsolvenzverwalter Anspruch auf Ersatz für die Betriebs- und Geschäftsausstattung, Waren und Forderungen sowie einen etwaigen Firmenwert, welche durch die aktive Fortführung dem Nachlass entnommen worden sind.
Rz. 53
Auch die Fortführung der Einzelunternehmung durch Miterben ändert die Massezugehörigkeit nicht. Aufgrund der in § 2041 BGB geregelten Surrogation gehören alle während und aus der Fortführung des Geschäfts erworbenen Gegenstände zum Nachlassvermögen. Im Führen der Geschäfte durch die Miterben liegt nicht automatisch eine Gesellschaftsgründung. Anders liegt dies jedoch dann, wenn die Miterben für den Gewerbebetrieb einen Gesellschaftsvertrag schließen und eine Gründung vornehmen. In diesem Fall sind durch den Nachlassinsolvenzverwalter Ersatz- und Herausgabeansprüche nach § 1978 BGB zu prüfen.