Rz. 10
Hat der Vorerbe ein entsprechendes Haftungsbeschränkungsrecht vor dem Eintritt des Nacherbfalls verloren, so haftet dieser für die Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner mit dem Nacherben. Hierbei kann jedoch der Nacherbe seine Haftung auf den Nachlass nach den allgemeinen Grundsätzen beschränken. Der Nacherbe haftet auch nur gegenüber dem Vorerben beschränkt, wenn er gegenüber den Nachlassgläubigern unbeschränkt haftet (siehe hierzu § 2144 Abs. 3 BGB). Dabei sind die Ansprüche des Vorerben nach §§ 2121 Abs. 4, 2124 Abs. 2, 2125 Abs. 1, 2126 BGB und nach § 2143 BGB maßgeblich betroffen. Der Nacherbe hat die Pflicht, die Haftungsbeschränkung gem. § 780 Abs. 1 ZPO geltend zu machen.
Rz. 11
Durch den Eintritt des Nacherbfalls hat der Vorerbe keine Erbenstellung mehr gem. § 2139 BGB und seine persönliche Haftung für Nachlassverbindlichkeiten löst sich grundsätzlich auf. Aus diesem Grund kann der Vorerbe dann auch grundsätzlich nicht mehr verklagt werden. Besteht ein gegen den Vorerben gerichtetes Urteil aufgrund einer Nachlassverbindlichkeit, so kann er mit der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO dagegen vorgehen. Der Haftungsmaßstab des Vorerben nach dem Eintritt des Nacherbfalls für etwaige Nachlassverbindlichkeiten richtet sich nach § 2145 Abs. 1 S. 1 BGB. Deshalb bleibt auch die Haftung des Vorerben für Verbindlichkeiten bestehen, die ihm in der Beziehung zum Nacherben entgegenkommen (§ 2145 Abs. 1 S. 2 BGB).
Folglich entsteht für den Vorerben eine subsidiäre Haftungsgrundlage für Nachlassverbindlichkeiten nach dem Eintritt des Nacherbfalls. Dabei muss aber immer erst der Nacherbe in Anspruch genommen werden.
Rz. 12
Grundsätzlich beschränkt sich die Haftung des Vorerben auf das Fassungsvermögen des Nachlasses, sofern der Vorerbe nicht bereits unbeschränkt haftet gem. §§ 2145 Abs. 2 S. 1 f., 1990 und 1991 BGB. Somit haftet er mit den gezogenen Nutzungen aus dem Nachlass gem. § 2111 BGB. Hierbei bestehen jedoch auch noch Pflichten für den Vorerben gegenüber den Nachlassgläubigern nach den §§ 1978, 1979 und auch 1991 Abs. 1 BGB. Hat der Vorerbe einen Nachweis, dass aus der Erbschaft ihm nichts an Vermögenswerten verblieben ist, ist eine gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.
Hinweis
Besteht ein solcher Nachweis nicht, kann der Vorerbe jedoch zumindest den Vorbehalt nach § 780 ZPO geltend machen.
Rz. 13
Wurden von dem Vorerben schuldhafte Nutzungen nicht gezogen oder Nachlassgegenstände bzw. deren Vermögenswerte rücksichtslos und eigennützig benutzt (nach § 2134 BGB), so haftet der Vorerbe auch mit seinem Eigenvermögen.
Rz. 14
Hat der Vorerbe in der Nachlassverwaltung Verbindlichkeiten entstehen lassen und somit begründet, so entstehen daraus auch Nachlasserbenschulden. Für diese haftet der Vorerbe grundsätzlich auch mit seinem Eigenvermögen, außer es liegt eine andere Vereinbarung mit seinem Vertragspartner vor. Liegt in der Begründung der Verbindlichkeit eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung vor, wird diese Verbindlichkeit ebenfalls auf den Nacherben bei Eintritt des Nacherbfalls übergeben. Nach außen haften der Vor- und Nacherbe für Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.
Rz. 15
Handelte der Vorerbe bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht nach den Maßstäben einer ordnungsgemäßen Verwaltung, ist nur er für die von ihm begründeten Nachlasserbenschulden haftbar: diese gelten dann für ihn als Eigenverbindlichkeiten.