Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
a) Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung
Rz. 75
Statuarische Abtretungsklauseln verpflichten den oder die Erben aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nebenpflicht (§ 3 Abs. 2 GmbHG), Geschäftsanteile an Mitgesellschafter, an die Gesellschaft selbst oder an Dritte zu übertragen. Die causa kann in einem eigens begründeten obligatorischen Recht des Begünstigten liegen (§§ 328, 331 BGB) oder in einem Erfüllungsverlangen der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter (§ 335 BGB), sinnvollerweise untermauert mit einer Verfügungsermächtigung (§ 185 BGB). Das Erfüllungsgeschäft erfolgt durch formgerechte Anteilsabtretung (§ 15 Abs. 3 GmbHG).
Parallel wird ein Abfindungsanspruch für den oder die weichenden Erben begründet, dessen Bedingungen zur Höhe und Fälligkeit in aller Regel in der Abtretungsklausel vordefiniert sind.
b) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Abfindungserwerber
Rz. 76
Bereits die Frage des erbschaftsteuerlichen Erwerbs des oder der weichenden Erben ist nicht abschließend geklärt. Sympathisiert wird hier mit der Auffassung, dass zwar zunächst ein Geschäftsanteil als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) erworben wird, sich dieser Erwerb jedoch mit Vollzug der Abtretung auf den tatsächlichen Wert des Erwerbs, und zwar in Gestalt der Abfindung, wandelt (§ 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BewG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG).
Rz. 77
Eine definitive Regelung enthält das Erbschaftsteuergesetz nur für den Fall der (zwangsweisen) Abtretung an Mitgesellschafter. § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG konkretisiert danach die (Höhe der) Bereicherung auf den Abfindungsanspruch des oder der weichenden Erben. Folgt man der zuvor dargestellten Auffassung, dass generell nur ein Erwerb der Abfindung vorliegt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG), hätte diese Regelung allerdings lediglich klarstellenden Charakter.
Betriebsvermögensbegünstigungen stehen dem oder den weichenden Erben – was auf der Hand liegt – für den Abfindungserwerb nicht zu (Rechtsgedanke des § 13a Abs. 5 ErbStG).
c) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Anteilserwerber
Rz. 78
Das Erbschaftsteuergesetz hält an verschiedenen Stellen Regelungen bereit, unter die sich die Zwangsabtretung von Geschäftsanteilen im Todesfalle eines Gesellschafters subsumieren ließe (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG vs. § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG). Bedingt durch komplexe Abgrenzungsfragen wird die Rechtsanwendung dadurch nicht erleichtert. Alle Regelungen sind unabhängig von der Frage ihrer Anwendbarkeit jedoch darin identisch, dass sie entgegen dem gesellschaftsrechtlichen Schutzbedürfnis einen fingierten Erwerb der Anteilserwerber (Mitgesellschafter) in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) und der zu leistenden Abfindung unterstellen, mithin ein subjektiver Bereicherungswille entbehrlich ist.
Rz. 79
Die Kommentatoren sind sich uneins, was die Anwendbarkeit der entsprechenden Normen betrifft. Mit guten Gründen wird beispielsweise vorgetragen, dass § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG auf die Fälle der Zwangsabtretung nicht anwendbar sei. Nach dieser Auffassung wird die Zwangsabtretung einzig und allein durch das Zusammenspiel von § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG geregelt mit der Folge, dass nur Zwangsabtretungen von dem oder den Erben an Mitgesellschafter aufgrund der speziellen Gesetzesregelungen tatbestandsmäßig sind. Klammert man die Problematik der Zwangsabtretung an die Gesellschaft selbst oder an Dritte wegen deren eher nachrangigen Bedeutung aus und konzentriert man sich auf die in der Praxis häufig anzutreffenden Zwangsabtretungsklauseln zugunsten von Mitgesellschaftern, stellt sich bei ausschließlicher Anwendbarkeit von § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG zudem noch die weitere Frage, ob der oder die Mitgesellschafter vom Erblasser oder von dem oder den Erben erwerben. Nach dem Rechtsgedanken des § 13a Abs. 5 ErbStG sollte man prinzipiell davon ausgehen können, dass der oder die den Anteil erwerbenden Mitgesellschafter berechtigt sind, die Betriebsvermögensbegünstigungen (§§ 13a–13c, 19a, 28a ErbStG) aufgrund ihres Verhältnisses zum Erblasser in Anspruch zu nehmen. Nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 7 ErbStG scheint dies jedoch nicht sicher zu sein, da dort nur Schenkungen unter Lebenden, also Erwerbe im Verhältnis zwischen dem oder den Erben und den Mitgesellschaftern geregelt sein können. Würde die Kette für die Inanspruchnahme von Betriebsvermögensbegünstigungen dadurch unterbrochen, kann sich dies erheblich nachteilig auswirken.
Rz. 80
Auch die Aussagen der Finanzverwaltung geben leider keine Orientierung, da einerseits eine Schenkung auf den Todesfall an die Gesellschafter bzw. Gesellschaft vorliegen soll, an anderer Stelle jedoch wieder eine fiktive Schenkung unter Lebenden an die Mitgesellschafter.
Zusammenfassend kann im Kontext mit Abtretungsklauseln festgestellt werden, da...