Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 125
Um den 85 %-igen oder den 100 %-igen Verschonungsabschlag in voller Höhe behalten zu können, wird in der Regel nach Ablauf von fünf Jahren bzw. sieben Jahren geprüft, ob – taggenau gerechnet vom Zeitpunkt des Erwerbs – die in den Folgeperioden addierten Lohnsummen 400 % bzw. 700 % (oder in Abhängigkeit von den Mitarbeiterzahlen die anderen Prozentsätze) der Ausgangslohnsumme erreichen (§ 13a Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 13a Abs. 10 ErbStG). War dies nicht möglich, kommt es rückwirkend (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO) zu einer prozentualen Kürzung des Verschonungsabschlags. Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG hingegen wird nicht angepasst. Neben betriebswirtschaftlich gebotenen Anpassungsmaßnahmen, sei es durch die notwendige Entlassung von Arbeitnehmern oder durch Standortverlagerungen ins Ausland, führt auch eine (teilweise) Veräußerung oder Aufgabe des begünstigten Vermögens vor Ablauf der Behaltensfristen (wohl nur) nach § 13a Abs. 6 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG zu einem Verstoß gegen die Lohnsummenregelung, da die Behaltens- und die Lohnsummenregelung kumulativ unterbrochen werden. Die Finanzverwaltung verlangt, sowohl die Effekte aus der Verletzung der Behaltens- als auch der Lohnsummenregelung zu berechnen und das ungünstigere Ergebnis hieraus anzusetzen. Dem Erwerber ist zudem aufgegeben, dem Finanzamt das Unterschreiten der Lohnsummengrenze innerhalb einer sechsmonatigen Frist anzuzeigen (§ 13a Abs. 7 S. 1 ErbStG).
Rz. 126
Die Lohnsummenregelung ist nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 EUR beträgt oder der Betrieb nicht mehr als fünf Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 3 S. 3 ErbStG). Bei Konzernstrukturen sind zur Ermittlung der Beschäftigtenzahl auch Arbeitnehmer nachgeordneter Gesellschaften einzubeziehen. Ein isoliertes Abstellen nur auf die Holdinggesellschaft ist also ausgeschlossen. Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten:
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Für die Prüfung der Tatbestände ist auf den übertragenen Betrieb auf der obersten Stufe und dessen Beteiligungsbesitz (unter Beachtung der Beteiligungsquoten) in den weiteren Stufen abzustellen. |
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Beteiligungsquoten werden durchgerechnet, sowohl für die Prüfung des Überschreitens der 25 %-Grenze bei Kapitalgesellschaften, die Anzahl der einzubeziehenden Mitarbeiter als auch die Höhe der Lohnsummen. |
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Mitarbeiter und Lohnsummen "aus" Anteilen an Drittlandspersonen- und -kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb der EU/EWR sowie "aus" Drittlandsbetriebsstätten bleiben insgesamt unberücksichtigt. |
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Die Mitarbeiter und Lohnsummen "aus" Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften, die ihrerseits weniger als fünf Mitarbeiter haben, bleiben ebenfalls insgesamt neutral. |
Zur Ermittlung der Ausgangslohnsumme wird auf Löhne und Gehälter sowie weitere Vergütungen abgestellt, die im Durchschnitt innerhalb der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung endenden Wirtschaftsjahre erzielt wurden (§ 13a Abs. 3 S. 3 ErbStG). Die Finanzverwaltung lässt es unter Vereinfachungsgesichtspunkten zu, auf die innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 Abs. 2 Nr. 6 HGB ausgewiesenen Löhne und Gehälter zurückzugreifen.
Rz. 127
Änderungen im Anteils- bzw. Beteiligungsbesitz wirken sich wie folgt aus:
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Anteilserwerbe vor dem Besteuerungszeitpunkt |
Eine nur zeitanteilige Einbeziehung erfolgt in den Fällen, in denen hinzuerworbene Beteiligungen nicht innerhalb des gesamten Zeitraums zur Ermittlung der Ausgangslohnsumme zum übertragenen Betrieb gehört haben. Zudem erfolgt eine nur anteilsmäßige Einbeziehung, wenn sich in diesem Zeitraum die Beteiligungshöhe verändert hat. Dies gilt bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nur, wenn die Beteiligungsquote im Besteuerungszeitpunkt größer 25 % war.
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Anteilserwerbe nach dem Besteuerungszeitpunkt |
Innerhalb der späteren Lohnsummenfrist hinzuerworbene Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften respektive die hieraus resultierenden Lohn- und Gehaltssummen sind in voller Höhe zu berücksichtigen, bei Personengesellschaften stets beteiligungsproportional, bei Kapitalgesellschaften ebenfalls beteiligungsproportional ab Überschreiten der Mindestbeteiligungsquote von größer 25 %. Ein späteres Absinken unter diese Mindestbeteiligungsquote soll unschädlich bleiben.
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Anteilsveräußerung vor dem Besteuerungszeitpunkt |
Löhne und Gehälter sowie die Beschäftigtenanzahl von Beteiligungsgesellschaften, deren Anteile vor dem Besteuerungszeitpunkt veräußert wurden, bleiben sowohl bei der Ausgangslohnsumme und somit auch bei der späteren Vergleichsberechnung gänzlich unberücksichtigt.
Rz. 128
Welche Löhne und Gehälter sowohl bei der Ermittlung der Ausgangslohnsumme als auch in die Summe des einschlägigen Lohnsummenzeitraums überhaupt in die Vergleichsrechnung einfließen, ist nicht deckungsgleich mit dem begünstigungsfähigen Vermögen. Löhne und Gehälter für Arbeitnehmer in Drittländern (außerhalb EU/EWR) werden ausgeklammert, wenn die Drittlandsbetriebsstätten unmittelbar von...