Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 94
Für das Verständnis der erbschaftsteuerlichen Konsequenzen muss auf die Rechtsprechung des BFH zurückgegriffen werden. Der BFH sieht in der qualifizierten Nachfolgeklausel einen besonders ausgestalteten Fall einer gegenständlich vordefinierten Teilungsanordnung. Erbschaftsteuerlich erwerben danach primär alle Erben den einheitlichen Gesellschaftsanteil und somit Betriebsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, sekundär jedoch nur der qualifizierte Miterbe. Dies hatte zur Folge, dass die qualifizierte Nachfolgeklausel bis zum Inkrafttreten des ErbStRG 2009 erbschaftsteuerlich unbeachtlich war und die Betriebsvermögensbegünstigungen prinzipiell allen Miterben im Verhältnis ihrer Erbquoten zugestanden haben. Nunmehr hat der Gesetzgeber jedoch in §§ 13a Abs. 5 S. 1, 19a Abs. 2 S. 2 und 28a Abs. 1 S. 2 ErbStG geregelt, dass die Betriebsvermögensbegünstigungen nicht in Anspruch genommen werden können, soweit Miterben im Rahmen der Teilung des Nachlasses begünstigtes Vermögen auf den qualifizierten Miterben übertragen (müssen). Die aufgrund dieser speziellen erbschaftsteuerlichen Sichtweise aus der Gesellschaft ausscheidenden Miterben haben somit von Anfang an keinen Anspruch auf erbschaftsteuerliche Betriebsvermögensbegünstigungen, diese sollen nach § 13a Abs. 5 S. 3 ErbStG vielmehr auf den qualifizierten Gesellschafternachfolger übergleitet werden. Die Begünstigungsmöglichkeit soll allerdings insoweit ausscheiden, wie der qualifizierte Miterbe bzw. Gesellschafternachfolger etwaige Ausgleichszahlungen aus eigenem Vermögen aufbringen muss, da die zitierten Vorschriften eine Nachlassteilung nur mit vom Erblasser erworbenen Vermögen ermöglichen. Auch vor diesem Hintergrund ist darauf zu achten, den qualifizierten Miterben möglichst von Ausgleichsansprüchen durch geeignete erbrechtliche Instrumente (Vorausvermächtnis) freizustellen.
Rz. 95
Besondere Vorsicht ist in den Fällen geboten, in denen der verstorbene Gesellschafter der Gesellschaft funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen überlassen hat, da eine qualifizierte Nachfolgeklausel nicht die Rechtsnachfolge in Vermögensgegenstände des Sonderbetriebsvermögens umfasst. Dieses fällt der Erbengemeinschaft nach den allgemeinen Regeln vielmehr zur gesamten Hand an. Stellt man ausschließlich auf ertragsteuerliche Grundsätze ab, kann hieraus nicht nur eine (anteilige) Zwangsentnahme des Sonderbetriebsvermögens, sondern vielmehr auch eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils durch den verstorbenen Gesellschafter insgesamt resultieren. Dieses Ergebnis hätte erbschaftsteuerlich zur Folge, dass kein begünstigungsfähiger Mitunternehmeranteil im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mehr übergehen könnte, da dieser im Todesfalle – nach ertragsteuerlichen Grundsätzen – zwangsweise als entnommen gilt. Unter Bezugnahme auf Aussagen der Finanzverwaltung lässt sich zumindest in der Abwehrberatung auch vertreten, dass sich die (anteilige) Zwangsentnahme nur auf Sonderbetriebsvermögen und nicht auf den Mitunternehmeranteil insgesamt erstreckt.