Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 73
Der Geschäftsanteil als die komprimierte Zusammenfassung der Rechte und Pflichten eines Gesellschafters geht mit dessen Tode ipso iure im Wege der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf den oder die gesetzlichen oder gewillkürten Erben über. Erbengemeinschaften erwerben zur gesamten Hand (§§ 2032 ff. BGB) und können ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft nur gemeinschaftlich ausüben (§ 18 Abs. 1 GmbHG). Gegenüber der Gesellschaft wirkt die von Todes wegen eingetretene Änderung im Gesellschafterbestand jedoch nur, wenn die Veränderung mittels einer neuen Gesellschafterliste im Handelsregister eingetragen worden ist (§§ 16 Abs. 1 S. 1, 40 GmbHG).
Rz. 74
Dieser automatische Übergang auf den oder die Erben ist für diese jedoch keine Behaltensgarantie. Um im Sinne einer konfliktfreien Perpetuierung der Gesellschaft einen etwaigen Interessenskonflikt zwischen den Mitgesellschaftern des verstorbenen Gesellschafters und dessen Erben zu vermeiden, sehen GmbH-Satzungen entsprechende Nachfolgeregelungen vor. Weit verbreitet sind dabei Abtretungs- und Einziehungsklauseln in Kombination mit Abfindungsbeschränkungen hinsichtlich Höhe und Fälligkeit zu Lasten der weichenden Erben. Speziell auf diese soll im Folgenden näher eingegangen werden.
1. Abtretungsklauseln
a) Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung
Rz. 75
Statuarische Abtretungsklauseln verpflichten den oder die Erben aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nebenpflicht (§ 3 Abs. 2 GmbHG), Geschäftsanteile an Mitgesellschafter, an die Gesellschaft selbst oder an Dritte zu übertragen. Die causa kann in einem eigens begründeten obligatorischen Recht des Begünstigten liegen (§§ 328, 331 BGB) oder in einem Erfüllungsverlangen der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter (§ 335 BGB), sinnvollerweise untermauert mit einer Verfügungsermächtigung (§ 185 BGB). Das Erfüllungsgeschäft erfolgt durch formgerechte Anteilsabtretung (§ 15 Abs. 3 GmbHG).
Parallel wird ein Abfindungsanspruch für den oder die weichenden Erben begründet, dessen Bedingungen zur Höhe und Fälligkeit in aller Regel in der Abtretungsklausel vordefiniert sind.
b) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Abfindungserwerber
Rz. 76
Bereits die Frage des erbschaftsteuerlichen Erwerbs des oder der weichenden Erben ist nicht abschließend geklärt. Sympathisiert wird hier mit der Auffassung, dass zwar zunächst ein Geschäftsanteil als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) erworben wird, sich dieser Erwerb jedoch mit Vollzug der Abtretung auf den tatsächlichen Wert des Erwerbs, und zwar in Gestalt der Abfindung, wandelt (§ 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BewG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG).
Rz. 77
Eine definitive Regelung enthält das Erbschaftsteuergesetz nur für den Fall der (zwangsweisen) Abtretung an Mitgesellschafter. § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG konkretisiert danach die (Höhe der) Bereicherung auf den Abfindungsanspruch des oder der weichenden Erben. Folgt man der zuvor dargestellten Auffassung, dass generell nur ein Erwerb der Abfindung vorliegt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG), hätte diese Regelung allerdings lediglich klarstellenden Charakter.
Betriebsvermögensbegünstigungen stehen dem oder den weichenden Erben – was auf der Hand liegt – für den Abfindungserwerb nicht zu (Rechtsgedanke des § 13a Abs. 5 ErbStG).
c) Erbschaftsteuerliche Folgen für den oder die Anteilserwerber
Rz. 78
Das Erbschaftsteuergesetz hält an verschiedenen Stellen Regelungen bereit, unter die sich die Zwangsabtretung von Geschäftsanteilen im Todesfalle eines Gesellschafters subsumieren ließe (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG vs. § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG). Bedingt durch komplexe Abgrenzungsfragen wird die Rechtsanwendung dadurch nicht erleichtert. Alle Regelungen sind unabhängig von der Frage ihrer Anwendbarkeit jedoch darin identisch, dass sie entgegen dem gesellschaftsrechtlichen Schutzbedürfnis einen fingierten Erwerb der Anteilserwerber (Mitgesellschafter) in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) und der zu leistenden Abfindung unterstellen, mithin ein subjektiver Bereicherungswille entbehrlich ist.
Rz. 79
Die Kommentatoren sind sich uneins, was die Anwendbarkeit der entsprechenden Normen betrifft. Mit guten Gründen wird beispielsweise vorgetragen, dass § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG auf die Fälle der Zwangsabtretung nicht anwendbar sei. Nach dieser Auffassung wird die Zwangsabtretung einzig und allein durch das Zusammenspiel von § 10 Abs. 10 S. 2 Alt. 1 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 3 ErbStG geregelt mit der Folge, dass nur Zwangsabtretungen von dem oder den Erben an Mitgesellschafter aufgrund der speziellen Gesetzesregelungen tatbestandsmäßig sind. Klammert man die Problematik der Zwangsabtretung an die Gesellschaft selbst oder an Dritte wegen deren eher nachrangigen Bedeutung aus und konzentriert man sich...