Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 16
Mit dieser Steuerart hat sich der Testamentsvollstrecker regelmäßig zu befassen. Nach § 31 Abs. 5 ErbStG ist die Erbschaftsteuererklärung durch den Testamentsvollstrecker abzugeben. Die Vorschrift erscheint umfassend, ist aber in der Praxis vom Umfang der angeordneten Testamentsvollstreckung her zu verstehen. Nur im Rahmen seines zivilrechtlichen Aufgabenkreises hat der Testamentsvollstrecker überhaupt die Möglichkeit, erbschaftsteuerlichen Verpflichtungen nachzukommen. Deshalb ist der Testamentsvollstrecker beispielsweise hinsichtlich Vermächtnisnehmern, Pflichtteilsberechtigten und Erbersatzanspruchsberechtigten grundsätzlich nicht zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet, es sei denn, die Testamentsvollstreckung würde sich ausdrücklich auch hierauf erstrecken.
Rz. 17
Ein vergleichbares Problem stellt sich bei der Verwaltungsvollstreckung, wenn Gegenstand der Vollstreckung nicht der gesamte Nachlass ist oder dieser nur regional abgegrenzt wird (Inlandsvermögen). Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung hat hier der Testamentsvollstrecker für den seiner Verwaltung unterliegenden Gegenstand die Erbschaftsteuererklärung abzugeben, der Erbe für die restlichen Vermögensgegenstände.
Rz. 18
Die Ausübung erbschaftsteuerlicher Wahlrechte in der Erbschaftsteuererklärung steht nur dem Erwerber selbst zu, nicht dem Testamentsvollstrecker. Insoweit handelt es sich nicht um eine vom Testamentsvollstrecker zu erfüllende steuerliche Pflicht des Erblassers, sondern um Rechte der Erben, die aus ihrer persönlichen Steuerschuldnerschaft abgeleitet werden. Zu diesen Wahlrechten gehören u.a.:
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§ 6 Abs. 2 S. 2 ErbStG: Steuerklassenwahl bei Nacherbschaft, |
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§ 13a Abs. 10 ErbStG: Optionsverschonung im Rahmen der Betriebsvermögensbegünstigungen, |
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§ 23 Abs. 1 ErbStG: Jahresbesteuerung statt sofortiger Besteuerung vom Kapitalwert bei Renten, Nutzung und Leistungen, |
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§ 28a ErbStG: Verschonungsbedarfsprüfung im Rahmen der Betriebsvermögensbegünstigungen. |
Rz. 19
Umstritten ist, welche Rechtsfolge für den Erbschaftsteuerbescheid gilt, wenn der Testamentsvollstrecker in unzulässiger Weise ein Wahlrecht ausgeübt hat. Teilweise wird der daraufhin ergangene Steuerbescheid für nichtig gehalten, teilweise bloße Anfechtbarkeit angenommen. Folgt man letzterer Auffassung, wird sich der Testamentsvollstrecker schadenersatzpflichtig machen, wenn er den Erbschaftsteuerbescheid unanfechtbar werden lässt und hierdurch eine Steuermehrbelastung für den Erwerber entsteht.
Praxishinweis
Die vorstehend dargestellten Probleme lassen sich vermeiden, wenn sich der Testamentsvollstrecker von den erbschaftsteuerlichen Erwerbern umfassend bevollmächtigen lässt.
Rz. 20
Für die Frage der Bekanntgabe von Erbschaftsteuerbescheiden wird auf den Anwendungserlass zur Abgabenordnung verwiesen. Generell gelten folgende Grundsätze:
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Der Erbschaftsteuerbescheid ist demjenigen bekanntzugeben, für den er bestimmt ist. Dies sind die Erben als Inhaltsadressaten. |
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Soweit der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner zivilrechtlichen Befugnisse zur Abgabe der Steuererklärung für den Erben verpflichtet ist (§ 31 Abs. 5 ErbStG), sind Erbschaftsteuerbescheide dem Testamentsvollstrecker mit Wirkung für und gegen den Erben (§ 32 Abs. 1 S. 1 ErbStG) bekanntzugeben (Bekanntgabeadressat). Einer zusätzlichen Bekanntgabe an die Erwerber (Erben) bedarf es nicht. In der Praxis ist jedoch eine gewisse Tendenz der Finanzverwaltung hierzu festzustellen. |
Praxishinweis
Hat der Erbe keine Kenntnis von dem gegen ihn gerichteten Erbschaftsteuerbescheid erlangt, insbesondere weil der Testamentsvollstrecker ihn nicht unterrichtet hat, und wurde deshalb die Anfechtungsfrist versäumt, besteht die Möglichkeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 3 AO zu erhalten. Bleibt der Antrag auf Wiedereinsetzung erfolglos, verbleibt die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches gegen den Testamentsvollstrecker nach § 2219 BGB.
Praxishinweis
Von der Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung kann vom Finanzamt abgesehen werden, z.B. bei dürftigem Nachlass, der eine Steuerpflicht nicht entstehen lässt. Vor Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung sollte der Testamentsvollstrecker daher diese Möglichkeit ebenfalls in Betracht ziehen.
Rz. 21
Der Erbschaftsteuererklärung ist ein Nachlassverzeichnis im Sinne von § 31 Abs. 2 ErbStG beizufügen.
Rz. 22
Das Finanzamt ist vorsorglich aufzufordern, Mitteilung zu machen, wenn sich Abweichungen aufgrund von dem Finanzamt vorliegenden Anzeigen Dritter, z.B. Banken ergeben.
Rz. 23
In geeigneten Fällen kann mit der Übersendung der Erklärung an das Finanzamt zugleich Stundungsantrag gestellt werden.
Rz. 24
In tatsächlich und rechtlich schwierigen Fällen sollte die Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt geprüft werden, z.B. bevor kostspielige Gutachten initiiert werden.