Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
A. Einführung
Rz. 1
Wer als Testamentsvollstrecker tätig ist, sieht sich umfangreichen steuerlichen Verpflichtungen ausgesetzt, die ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko in sich bergen. Die Besonderheit der Testamentsvollstreckung besteht darin, dass Vermögen zivilrechtlich einer bestimmten Person zugeordnet ist, nämlich dem Erben, die Verwaltungsbefugnis hingegen bei einer anderen Person liegt, nämlich dem Testamentsvollstrecker. Damit fallen Inhaberschaft und Ausübung des Rechtes auseinander.
Rz. 2
Bei der Frage, ob die steuerlichen Pflichten nunmehr dem Erben oder dem Testamentsvollstrecker zugewiesen werden sollen, hat sich der Steuergesetzgeber nicht für eine durchgängig einheitliche "Entweder-Oder-Lösung" entschieden. Vielmehr hat er die vielfältigen Steuerpflichten, die eine Person treffen können, zum Teil dem Erben, zum anderen Teil dem Testamentsvollstrecker zugewiesen, wobei auch noch innerhalb der unterschiedlichen Steuerarten differenziert wird. Kenntnis von der Testamentsvollstreckung erlangt das Finanzamt im Regelfall automatisch. § 7 Abs. 1 Nr. 3 ErbStDV ordnet an, dass das Nachlassgericht dem zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt eine beglaubigte Abschrift des Testamentsvollstreckerzeugnisses zu übersenden hat.
Rz. 3
Es muss für jede Steuer gesondert geprüft werden, welche steuerlichen Pflichten und Rechte den Testamentsvollstrecker und welche den Erben treffen. Ein systematischer Ansatz besteht darin, zwischen
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Steuern, die auf einer Tatbestandsverwirklichung des Erblassers vor seinem Versterben (Erblassersteuern) beruhen, |
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Steuern, die aus dem Versterben des Erblassers (Erbfallsteuern) resultieren, sowie |
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Steuern, die auf einer Tatbestandsverwirklichung der Erben und/oder des Testamentsvollstreckers nach dem Versterben des Erblassers (Nachlasserbensteuern) basieren, |
zu differenzieren.
Beispiel: Erbschaftsteuer
Rz. 4
Zur Steuerpflicht des Testamentsvollstreckers lassen sich folgende gedankliche Grundsätze festhalten:
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Das Steuerrecht verpflichtet den Testamentsvollstrecker nur so weit, wie seine zivilrechtlichen Befugnisse im Einzelfall reichen. |
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Der Testamentsvollstrecker ist Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO, mehrere Testamentsvollstrecker haften gegenüber dem Fiskus gemeinschaftlich. |
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Steuerpflichtiger i.S.d. § 33 AO ist der Testamentsverwalter nur in dem Rahmen, in dem ihm Steuergesetze Pflichten zuweisen. |
Rz. 5
Zur Steuerschuldnerschaft des Testamentsvollstreckers ist Folgendes festzuhalten:
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Steuerschuldner für das der Testamentsvollstreckung unterliegende Vermögen sind grundsätzlich nur die Erwerber (Erben), nicht der Testamentsvollstrecker. |
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Ausnahmen können sich bei unternehmerischer Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ergeben (z.B. Umsatzsteuerbesteuerung bei der Fortführung eines Einzelunternehmens im Wege der Treuhandlösung). |
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Der Testamentsvollstrecker haftet in seiner Eigenschaft als Vermögensverwalter (§ 34 Abs. 3 AO) regelmäßig für die Steuerschulden der Erwerber (Erben), aber nur, soweit ihm die Wahrnehmung deren steuerlichen Pflichten übertragen ist. |
B. Erklärungs- und Mitwirkungspflichten
Rz. 6
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden im Zeitpunkt des Erbfalls nicht alle in der Person des Erblassers nach Maßgabe der Einzelsteuergesetze bereits entstandenen Steuern erklärt und die daraus entstandenen Steuerschulden beglichen sein. Dies gilt insbesondere für die laufenden Steuern, wie Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Zum Todeszeitpunkt bereits entstandene Steuerschulden sind Nachlassverbindlichkeiten, die im Wege der Universalsukzession gemäß § 45 AO auf den Erben übergehen. Gleiches gilt aber auch für Steuerforderungen aus dem Steuerschuldverhältnis.
Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht rücken die Erben in die Position des Erblassers ein. Sie sind daher wie zuvor der Erblasser verpflichtet, dem Finanzamt Auskunft zu geben, auch haben sie steuerliche Betriebsprüfungen zu dulden.
Rz. 7
Durch die Testamentsvollstreckung ändert sich an der Stellung des Erben als Steuerschuldner zunächst nichts. Die steuerlichen Mitwirkungspflichten werde...