I. Tätigkeiten
Rz. 21
Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer werden häufig als Treuhänder tätig, etwa bei
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Kapitalanlagen, |
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Abwicklung von – insb. fremdfinanzierten – Verträgen, |
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Geldverwahrung auf Anderkonto, |
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Sanierungsvorhaben, |
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Ausführung eines Liquidationsvergleichs. |
II. Treuhandvertrag
1. Rechtsnatur
Rz. 22
Die Treuhandtätigkeit gehört zum Berufsbild der Rechtsanwälte. Ein Rechtsanwalt kann als Treuhänder für einen oder mehrere Treugeber tätig werden im Rahmen eines echten Anwaltsvertrages, der die anwaltstypische Aufgabe des rechtlichen Beistandes umfasst (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO) oder ohne eine solche Verpflichtung aufgrund eines unechten Anwaltsvertrages (vgl. § 1 Rdn 135 ff., 161 ff., § 2 Rdn 1 f.). Dabei handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der ein Dienst- oder Werkvertrag sein kann (§ 675 Abs. 1 BGB; vgl. § 1 Rdn 5 ff., § 2 Rdn 3). Zahlt ein Rechtsanwalt Gelder, die der Treugeber auf sein Anderkonto überwiesen hat, weisungswidrig aus, besteht nach Ansicht des OLG Düsseldorf Deckungsschutz über die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte dann, wenn im Haftpflichtprozess festgestellt wurde, dass das Treuhandverhältnis begründet wurde, weil der Treugeber die Einschaltung des Rechtsanwalts im Vertrauen auf eine damit verbundene besondere Sicherung des Zahlungsvorgangs vorgenommen hat.
Nicht jeder Anwaltsvertrag ist ein Treuhandverhältnis; z.B. begründet ein Mandat zur Einziehung einer Forderung i.d.R. keine Treuhandpflichten des Rechtsanwalts. Der Mandant muss bei Vertragsschluss deutlich machen, dass er über den normalen Anwaltsvertrag hinaus eine treuhänderische Bindung seines Anwalts – etwa eine Verwaltung eingehender Gelder – wünscht. Übernimmt ein Rechtsanwalt zur Abwicklung eines Kaufvertrages treuhänderische Pflichten sowohl ggü. seinem Mandanten (Verkäufer) als auch ggü. dem Käufer, verstößt er – trotz Einwilligung der Beteiligten – gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Ein Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren (§§ 291, 292 InsO) haftet nicht entsprechend § 60 InsO, sondern gem. § 280 BGB.
Treuhandtätigkeit ist berufstypisch für Steuerberater (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG) und Wirtschaftsprüfer (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO).
Rz. 23
Bei Verletzung seiner Pflichten aus einem Treuhandvertrag kann ein Rechtsberater zunächst seinem Auftraggeber haften.
Ein Rechtsanwalt, der als Treuhänder aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages Kapital in einem unzulässigen Einlagegeschäft anlegt, kann dem Anleger wegen vertraglicher Pflichtverletzung haften. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag – auch wenn der Geschäftsbesorger lediglich mit der Abwicklung eines Geschäfts betraut ist und mit dem Geschäftsherrn nicht in persönlichen Kontakt tritt – eine Pflicht zur Offenlegung von Kenntnissen insb. dann, wenn der eine Teil einen erkennbaren Wissensvorsprung über Umstände hat, die den Vertragszweck vereiteln können und daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind. Eine Pflichtverletzung kommt etwa dann in Betracht, wenn der anwaltliche Treuhänder von der fehlenden Absicherung des Einlagengeschäfts Kenntnis hatte.
Ausnahmsweise steht sogar die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen – wie etwa der Genehmigungsbedürftigkeit des Anlagemodells oder dessen fehlender Absicherung – der positiven Kenntnis gleich, wenn sich diese dem Vertragspartner nach den Ums...