1. Rechtsnatur
Rz. 22
Die Treuhandtätigkeit gehört zum Berufsbild der Rechtsanwälte. Ein Rechtsanwalt kann als Treuhänder für einen oder mehrere Treugeber tätig werden im Rahmen eines echten Anwaltsvertrages, der die anwaltstypische Aufgabe des rechtlichen Beistandes umfasst (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO) oder ohne eine solche Verpflichtung aufgrund eines unechten Anwaltsvertrages (vgl. § 1 Rdn 135 ff., 161 ff., § 2 Rdn 1 f.). Dabei handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der ein Dienst- oder Werkvertrag sein kann (§ 675 Abs. 1 BGB; vgl. § 1 Rdn 5 ff., § 2 Rdn 3). Zahlt ein Rechtsanwalt Gelder, die der Treugeber auf sein Anderkonto überwiesen hat, weisungswidrig aus, besteht nach Ansicht des OLG Düsseldorf Deckungsschutz über die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte dann, wenn im Haftpflichtprozess festgestellt wurde, dass das Treuhandverhältnis begründet wurde, weil der Treugeber die Einschaltung des Rechtsanwalts im Vertrauen auf eine damit verbundene besondere Sicherung des Zahlungsvorgangs vorgenommen hat.
Nicht jeder Anwaltsvertrag ist ein Treuhandverhältnis; z.B. begründet ein Mandat zur Einziehung einer Forderung i.d.R. keine Treuhandpflichten des Rechtsanwalts. Der Mandant muss bei Vertragsschluss deutlich machen, dass er über den normalen Anwaltsvertrag hinaus eine treuhänderische Bindung seines Anwalts – etwa eine Verwaltung eingehender Gelder – wünscht. Übernimmt ein Rechtsanwalt zur Abwicklung eines Kaufvertrages treuhänderische Pflichten sowohl ggü. seinem Mandanten (Verkäufer) als auch ggü. dem Käufer, verstößt er – trotz Einwilligung der Beteiligten – gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO). Ein Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren (§§ 291, 292 InsO) haftet nicht entsprechend § 60 InsO, sondern gem. § 280 BGB.
Treuhandtätigkeit ist berufstypisch für Steuerberater (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG) und Wirtschaftsprüfer (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO).
Rz. 23
Bei Verletzung seiner Pflichten aus einem Treuhandvertrag kann ein Rechtsberater zunächst seinem Auftraggeber haften.
Ein Rechtsanwalt, der als Treuhänder aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages Kapital in einem unzulässigen Einlagegeschäft anlegt, kann dem Anleger wegen vertraglicher Pflichtverletzung haften. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag – auch wenn der Geschäftsbesorger lediglich mit der Abwicklung eines Geschäfts betraut ist und mit dem Geschäftsherrn nicht in persönlichen Kontakt tritt – eine Pflicht zur Offenlegung von Kenntnissen insb. dann, wenn der eine Teil einen erkennbaren Wissensvorsprung über Umstände hat, die den Vertragszweck vereiteln können und daher für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind. Eine Pflichtverletzung kommt etwa dann in Betracht, wenn der anwaltliche Treuhänder von der fehlenden Absicherung des Einlagengeschäfts Kenntnis hatte.
Ausnahmsweise steht sogar die bloße Erkennbarkeit von aufklärungspflichtigen Tatsachen – wie etwa der Genehmigungsbedürftigkeit des Anlagemodells oder dessen fehlender Absicherung – der positiven Kenntnis gleich, wenn sich diese dem Vertragspartner nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen mussten und er die Augen davor verschlossen hat. Eine derart grobe Pflichtverletzung kommt zumindest in solchen Bereichen in Betracht, für die der Vertragspartner – hier der anwaltliche Treuhänder – aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit eigene Kompetenz beansprucht.
Hat ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Treuhänder nach dem Treuhandvertrag nicht nur einseitig die Belange seines Auftraggebers, sondern auch als Sachwalter Vermögensinteressen anderer Beteiligter zu wahren, kann es sich um eine Treuhandvereinbarung – einen Geschäftsbesorgungsvertrag – zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB handeln (vgl. § 9 Rdn 9). Das kann z.B. der Fall sein
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zugunsten der Gläubiger eines Schuldners, der einem Rechtsberater als Treuhänder sein Vermögen ganz oder teilweise zur Verwertung im Wege eines Liquidationsvergleichs überträgt (§ 7 Abs. 4 der – inzwischen aufgehobenen – VerglO, vgl. §§ 292, 313 InsO); |
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zugunsten der Gläubiger eines Schuldners in anderen Fällen, in denen dieser einem Treuhänder Vermögen zur Befriedigung von Gläubigern überträgt; |
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zugunsten eines Kapitalanlegers, soweit ein Rechtsberater als Treuhänder eines kapitalsuchenden Anlageunternehmens die Mittelverwendung zu überwachen hat oder Sicherheiten prüfen muss. |
Nimmt ein Strafverteidiger von einem Dritten Geld für seinen Mandanten entgegen, begründet er dadurch grds. keine zusätzlichen Vertragspflichten ggü. dem Geldgeber; ausnahmsweise kann sich aus Vereinbarungen oder besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass ein Treuhandverhältnis mit dem Mandanten zugunsten des Geldgebers oder ein Treuhandvertrag mit diesem besteht. Hat sich ein Rechtsanwalt erfolgreich bemüht, einen Geldgeber für eine Kaution zugunsten seines in Unte...