Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 36
Auf die Kontaktaufnahme zwischen dem Verkäufer und dem potenziellen Erwerber, die regelmäßig durch die vom Verkäufer beauftragten Berater vermittelt wird, folgt meist die Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung.
Hinweis
Solche Vereinbarungen regeln, ob, und unter welchen Voraussetzungen und an wen die bei den Verhandlungen (und ggf. einer Unternehmensprüfung) durch den Interessenten (und seine Berater) erlangten Informationen weitergegeben werden dürfen, wie und zu welchem Zweck diese Informationen genutzt werden dürfen und was im Fall eines Abbruchs der Verhandlungen mit den Informationen bzw. Unterlagen zu geschehen hat. Darüber hinaus enthalten sie in der Praxis oft weitere Regelungen wie Abwerbe- und Wettbewerbsverbote. Weiterhin sollte durch geeignete vertragliche Regelungen sichergestellt werden, dass sämtliche in die Sphäre des Kaufinteressenten gelangten bzw. sich dort befindlichen Informationen (vornehmlich Dokumente) entweder vernichtet oder – soweit möglich – zurückgegeben werden, sofern der Erwerbsprozess nicht erfolgreich zu Ende geführt wird. Für Beteiligte, die gesetzlichen Archivierungs- und Aufbewahrungsverpflichtungen unterliegen (z.B. Rechtsanwälte und Steuerberater), sollten Ausnahmeregelungen getroffen werden.
Rz. 37
Parteien der Vertraulichkeitsvereinbarung sind regelmäßig der Käufer und der Verkäufer (d.h. die oder der Gesellschafter der Zielgesellschaft) sowie häufig auch das Zielunternehmen (insb. bei Asset Deals). Sofern das Zielunternehmen nicht Partei ist, kann es im Wege des echten Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) als Begünstigter der Vertraulichkeitsverpflichtungen mit einbezogen werden. Gleiches gilt für den Gesellschafter bzw. Verkäufer, der nicht Vertragspartei ist. Das ist auch sachgerecht, da dem Zielunternehmen durch Weitergabe vertraulicher Informationen regelmäßig ein ebenso großer Schaden entstehen kann wie dem Verkäufer.
Rz. 38
In der Praxis gewähren Vertraulichkeitsvereinbarungen jedoch eher geringen Schutz. Das hängt v.a. mit der Schwierigkeit des Verletzungsnachweises zusammen. Bei Auktionsverfahren, bei denen eine Vielzahl von Bietern Zugang zu den vertraulichen Informationen erhält, kann dieser Nachweis annähernd unmöglich sein. Ebenso schwer fällt i.d.R. der Schadensnachweis, weshalb auch ein pauschalierter Schadensersatz in Form einer Vertragsstrafe (vgl. §§ 339 ff. BGB) vereinbart wird, der sich in der Praxis (insb. bei Bieterverfahren) indes als kaum durchsetzbar erweist.
Rz. 39
Checkliste: Typische Regelungsinhalte einer Vertraulichkeits- und Geheimhaltungsvereinbarung
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Parteien:
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Verkäufer und/oder Zielunternehmen |
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Potenzieller Erwerber |
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Beschreibung der Transaktion |
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Definition der vertraulichen Information |
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Geltungsbereich: Organe, Mitarbeiter und Berater des Interessenten, ggf. auch verbundene Unternehmen |
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Begünstigte der Vertraulichkeitsverpflichtungen (ggf. auch Einbeziehung des Zielunternehmens im Wege des echten Vertrages zugunsten Dritter, § 328 BGB) |
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Verpflichtung zur Verschwiegenheit und Verbot der Weitergabe an Dritte |
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Ausschließlicher Nutzungszweck: Evaluation der Transaktion |
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Verpflichtung zur Rückgabe und/oder Vernichtung von überlassenen Unterlagen und Kopien derselben (ggf. mit Sonderregelung für zwingende gesetzliche, behördliche oder Vorgaben gem. den Bedingungen von Wertpapierbörsen sowie automatisch generierte Kopien (Back-Ups) und nach internen Compliance Vorgaben); |
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Geltungsdauer/Laufzeit (ggf. Nachwirkung) |
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Ggf. Verbot der Abwerbung von Mitarbeitern des Zielunternehmens |
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Ggf. Verbot der Ansprache von Management, Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten oder sonstigen, mit dem des Zielunternehmen in Geschäftsbeziehung stehenden Dritten (außer i.R.d. gewöhnlichen Geschäftsbetriebes) |
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Ggf. Vertragsstrafe |
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Ggf. Beweislastumkehr |