Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 190
Entscheidende Schnittstelle des weiteren Verfahrens nach Insolvenzeröffnung ist die erste Gläubigerversammlung, der sog. Berichtstermin (§ 156 InsO). Dieser ist im Eröffnungsbeschluss vom Insolvenzgericht festzusetzen (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und findet, falls möglich, 6 Wochen, spätestens jedoch 3 Monate nach Eröffnung statt. Hier berichtet der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, insb. über die Möglichkeiten, das Unternehmen ganz oder in Teilen zu erhalten. Weiter beschließt die Gläubigerversammlung darüber, ob das Unternehmen vorläufig weitergeführt, stillgelegt oder das Vermögen verwertet werden soll, wozu vorrangig eine Veräußerung zählt.
Rz. 191
Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter nach der ausdrücklichen Regelung des § 159 InsO unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwerten. Ob eine Veräußerung auch in dem Zeitraum zwischen Verfahrenseröffnung und vor dem Berichtstermin zulässig ist, wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung der InsO überwiegend bezweifelt. Nach der Neufassung des § 158 Abs. 1 InsO ist nun die Möglichkeit gegeben, das Unternehmen des Gemeinschuldners bereits vor dem Berichtstermin zu veräußern, wenn der Gläubigerausschuss, sofern bestellt, zugestimmt hat. Der Insolvenzschuldner ist vor der Beschlussfassung bzw. im Fall der Nichtbestellung vor der Veräußerung hiervon zu unterrichten und kann beim Insolvenzgericht beantragen, die Veräußerung zu untersagen, wenn dies ohne erhebliche Verminderung der Insolvenzmasse bis zum Berichtstermin aufgeschoben werden kann, vgl. § 158 Abs. 2 Satz 2 InsO.
Hinweis
In der Zeit zwischen Verfahrenseröffnung und Berichtstermin wurden und werden in der Praxis ungeachtet der vormals geäußerten Zweifel an der Zulässigkeit die meisten übertragenden Sanierungen durchgeführt, i.d.R. direkt nach Eröffnung des Verfahrens. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass durch eine frühzeitige Veräußerung Masseverbindlichkeiten erspart bleiben und damit die Befriedigungsquoten der Gläubiger verbessert werden, zum anderen ist es im Interesse des Erwerbers, die negativen Folgen der Insolvenz zeitlich so weit als möglich einzudämmen. Ein Verstoß gegen eine untersagende Entscheidung des Insolvenzgerichts oder ohne Zustimmung des Gläubigerausschusses oder sonstige Mitwirkungsgebote hat i.Ü. keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der vorgenommenen Unternehmensveräußerung (vgl. §§ 80, 164 InsO).