Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 46
In der deutschen M&A-Praxis hat sich zunehmend der Einsatz von Gewährleistungsversicherungen (englisch Warranty & Indemnity- oder W&I-Insurance) durchgesetzt. Darunter versteht man die Versicherung von Gewährleistungs- und Freistellungsansprüchen beim Unternehmenskauf.
W&I-Versicherungen werden überwiegend vom Käufer abgeschlossen, können jedoch für beide Parteien beachtliche Vorteile bringen. Für den Käufer bietet die Garantieversicherung den Vorzug, dass ihm bei etwaigen Garantie- bzw. Freistellungsansprüchen anstelle des Verkäufers ein liquider Schuldner zur Verfügung steht, während es zugleich im Interesse des Verkäufers liegt, für die Ansprüche des Käufers keine bzw. deutlich geringere Absicherungen zur Verfügung zu stellen, etwa durch Kaufpreiseinbehalte, Kaufpreiszahlung auf ein Treuhandkonto, Bankbürgschaften oder Garantien einer Muttergesellschaft. Die Verlagerung der Haftung für Garantieverletzungen auf einen Versicherer kann zudem die Vertragsverhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer beschleunigen. Bei Private Equity-Transaktionen kommt hinzu, dass der Transaktionserlös in der Regel zeitnah an die Investoren ausgeschüttet werden soll, was nicht oder nur erschwert möglich ist, soweit und solange Verbindlichkeiten aus Verkäufergarantien entstehen können. Daher wird die Haftungshöchstsumme des Verkäufers häufig mit einem symbolischen Betrag (von bspw. einem EUR) festgelegt, während lediglich die Versicherung eine materielle Deckungssumme vorsieht (z.B. ca. 25 % des Transaktionsvolumens). Grds. ist der Einsatz einer W&I-Versicherung nur bei Transaktionsvolumina ratsam, die den mit dem Abschluss der Versicherung einhergehenden Aufwand sinnvoll erscheinen lassen, wobei Versicherer zunehmend auch für kleinere Transaktionen hinsichtlich der Kostenquote praktikable Lösungen anbieten.
Im Falle des Abschlusses einer W&I-Versicherung sind der Unternehmenskaufvertrag und die Versicherungspolice aufeinander abzustimmen, um einerseits Haftungslücken im Kaufvertrag und andererseits Deckungslücken in der Police zu vermeiden.
Bei einem Share Deal bestehen gute Argumente, dass mit Blick auf den Normzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG keine Beurkundungspflicht der Versicherungspolice besteht. Der Schutzzweck des § 15 Abs. 4 GmbHG gebietet es, den spekulativen Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen einzuschränken, er dient dagegen nicht dem Übereilungsschutz. Die Rspr. zur rechtlichen Einheit und der Verknüpfung von Rechtsgeschäften, die miteinander "stehen und falllen", lässt sich auf diese Fallkonstellation daher nicht übertragen. In der Praxis wird sich die Frage einer etwaigen Beurkundungspflicht regelmäßig durch Aufnahme des Entwurfs der W&I Police in die Bezugsurkunde (§ 13a Abs. BeurkG) umgehen lassen.