Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 129
Da die Parteien im Fall der Vereinbarung selbstständiger Garantien regelmäßig das gesetzliche Gewährleistungsrecht ausschließen, müssen auch die Rechtsfolgen einer Garantieverletzung von den Parteien im Unternehmenskaufvertrag genau geregelt werden.
(a) Nachbesserung, Minderung, Schadensersatz
Rz. 130
Viele Unternehmenskaufverträge gestatten dem Verkäufer die Naturalrestitution. Aus Käufersicht sollte ein solches Nachbesserungsrecht allenfalls innerhalb kurzer Frist gestattet und auf solche Garantien beschränkt sein, bei deren Verletzung eine Nachbesserung überhaupt möglich ist.
Ist die Nachbesserung nicht erfolgreich, zumutbar oder gar unmöglich, greifen weitere nachrangige Rechtsfolgen ein.
Rz. 131
Zunächst erscheint hier die Minderung die sachgerechte Rechtsfolge, weil sie den wirtschaftlichen Minderwert, den der Käufer erleidet, kompensiert. In der Praxis stellt sich allerdings das Problem, dass hierfür der Minderwert des Unternehmens zu ermitteln wäre, wofür eine umfassende Unternehmensbewertung erforderlich wäre. Aus diesem Grund wird eine Minderung regelmäßig nicht im Bereich der Garantien, sondern i.R.d. Ermittlung bzw. Anpassung des endgültigen Kaufpreises vereinbart, da hier eine Kalkulation anhand der einzelnen Posten vergleichsweise einfach durchzuführen ist.
Rz. 132
Als primäre Rechtsfolge von Garantieverletzungen wird daher regelmäßig Schadensersatz vereinbart. Der Käufer ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die betreffende Garantie zutreffend wäre. Aus Verkäufersicht ist dabei regelmäßig darauf zu achten, den zu ersetzenden Schaden zu begrenzen; insb. sollte eine Haftung für entgangenen Gewinn bzw. sog. – unmittelbare oder mittelbare – (Mangel-)Folgeschäden ausgeschlossen werden.
Hinweis
Zahlungen an den Käufer aus Garantieverletzungen stellen bei diesem eine Kaufpreisminderung dar und mindern (beim Share Deal) die nicht abschreibungsfähigen Anschaffungskosten und beim Asset Deal das Abschreibungspotenzial; beim Verkäufer wird der Veräußerungsgewinn vermindert. Der Unternehmenskaufvertrag sollte eine klarstellende Klausel enthalten.
(b) Rücktritt
Rz. 133
Die Vereinbarung eines Rückabwicklungs- bzw. Rücktrittsrechts des Käufers vom Unternehmenskaufvertrag nach dessen dinglichem Vollzug dürfte i.d.R. keine geeignete Rechtsfolge für Garantieverletzungen sein, da eine Rückgabe des verkauften Unternehmens im "Originalzustand" wegen der stetigen Veränderungen ausscheidet.
Rz. 134
Sinnvoll hingegen kann die Vereinbarung von Rücktrittsrechten zwischen Vertragsabschluss und dinglichem Übergang sein, für den Fall, dass bestimmte Umstände eintreten bzw. nicht eintreten, die gleichsam die "Geschäftsgrundlage" des Unternehmenskaufs bilden. Hierzu zählt neben der kartellrechtlichen Freigabe der Transaktion innerhalb eines bestimmten Zeitraums bspw. auch die Erteilung einer verbindlichen Zusage der Finanzierung durch die beteiligten Banken.
Rz. 135
Auch die sog. Material-Adverse-Change-Klauseln (MAC-Klauseln) sind hierzu zu zählen. Mit diesen kann sich der Käufer gegen das Risiko einer wesentlich nachteiligen Veränderung der wesentlichen wirtschaftlichen Parameter, die Grundlage einer Transaktion sind, absichern.
Hinweis
Der Tatbestand des MAC sollte dabei
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den Eintritt einer wesentlichen nachteiligen Veränderung der wirtschaftlichen Lage der Zielgesellschaft von einer Reihe von objektiv nachprüfbaren, möglichst detailliert beschriebenen (ggf. quantifizierten) und abschließenden Kriterien abhängig machen, die vom Einfluss des Käufers unabhängig sind und |
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sich auf gravierende, einer Veränderung der Geschäftsgrundlage nahekommende Fälle beschränken. |
Neben externen Faktoren wie höherer Gewalt, Naturkatastrophen, einem Zusammenbrechen der relevanten Märkte o.Ä. können auch interne Umstände der Zielgesellschaft wie Betriebsunterbrechungen, die Verwicklung in Passivprozesse, deren Streitwert einen bestimmten Betrag übersteigt etc. als MAC definiert werden.
Die in der Praxis am häufigsten vereinbarte Rechtsfolge eines MAC ist ein (optionales) Rücktrittsrecht des Käufers vom Vertrag, das von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht werden kann (z.B. Recht des Verkäufers, den MAC bzw. dessen Auswirkungen innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen).