Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 94
Für die Kaufpreisfestlegung im Unternehmenskaufvertrag haben sich in der Praxis zwei Verfahren besonders bewährt: Das sog. Locked-Box-Konzept und eine Berechnung anhand von sog. Closing Accounts.
I.R.d. festen Kaufpreisbestandteils können die Parteien zum einen, einen Festkaufpreis vereinbaren. Hier wird i.d.R. ein historischer Stichtag gewählt, zu dem alle für die Bestimmung des Werts des Unternehmens wesentlichen wirtschaftlichen Kennzahlen bei Vertragsabschluss vorliegen. Das Unternehmen wird dann ab dem Stichtag auf Rechnung des Käufers geführt (Locked-Box-Konzept), eine Kaufpreisbemessung oder -anpassung auf einen Zeitpunkt nach Vertragsunterzeichnung ist nicht erforderlich. Dies ermöglicht eine schnelle Abwicklung der Transaktion. Voraussetzung hierfür ist, dass den Parteien eine solide, zeitnahe Basis für die Berechnung der kaufpreisrelevanten Stichtagszahlen vorliegt (i.d.R. eine Bilanz).
Hinweis
Der Verkäufer wird sich auf der einen Seite die Führung des Unternehmens für den Käufer ab dem Stichtag i.d.R. vergüten lassen wollen. Dies geschieht meist durch eine angemessene Verzinsung des (Fest-)Kaufpreises für den Zeitraum ab dem historischen Stichtag bis Vertragsunterzeichnung bzw. Vollzug. Auf der anderen Seite muss der Käufer durch entsprechende vertragliche Regelungen sicherstellen, dass es ab dem Stichtag zu keinem Mittelabfluss außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes kam und kommt, insb. in Form von Ausschüttungen und anderen Zahlungen an den Verkäufer und diesem nahestehende Personen (No Leakage).
Rz. 95
Liegen die bewertungs- und kaufpreisrelevanten Informationen zum gewählten Stichtag bei Vertragsabschluss hingegen noch nicht vor, z.B. weil der Stichtag nach der Vertragsunterzeichnung liegt, können die Parteien zum anderen die Anwendbarkeit einer Kaufpreisbemessungsklausel vereinbaren, anhand derer dann die konkrete Kaufpreisbestimmung und -anpassung erfolgt (Closing Accounts). Da die Kaufpreisbemessung i.d.R. (v.a. wegen der Prüfungskosten) zeit- und kostenintensiv ist, "lohnt" sich ein solcher Kaufpreisbemessungsmechanismus i.d.R. nur bei komplexeren und großvolumigen Transaktionen oder wenn aufgrund zwischenzeitlicher Veränderungen erhebliche Abweichungen auf den Abgrenzungsstichtag ggü. den Vorstellungen der Parteien möglich sind. I.d.R. wird bei einem nach dem Tag der Vertragsunterzeichnung liegenden Stichtag der Tag des Vollzugs als Abgrenzungs- und Ermittlungsstichtag gewählt.
Hinweis
Der Interessenlage des Käufers entspricht i.d.R. die Vereinbarung einer Kaufpreisbemessungsklausel auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Übernahme des erworbenen Unternehmens. Das Risiko einer im Kaufpreis nicht reflektierten allgemeinen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des erworbenen Unternehmens (bzw. von Maßnahmen des Verkäufers, die für das Unternehmen nachteilig sind) im Zeitraum zwischen einem historischen Stichtag bzw. Vertragsunterzeichnung und Vollzug kann so weitgehend abgefedert werden. Der Verkäufer hingegen wird u.a. wegen der höheren Transaktionssicherheit und des Ausschlusses des Risikos einer Kaufpreisreduktion eher an der Vereinbarung eines Festkaufpreises interessiert sein.
Rz. 96
Klassischerweise im Mittelpunkt von Kaufpreisbemessungen steht die Ermittlung des Eigenkapitalwerts des Unternehmens (Equity Value), die wiederum durch Feststellung der liquiden Mittel des Unternehmens (Cash) auf der einen und der Verbindlichkeiten (Debt) auf der anderen Seite zum Stichtag erfolgt. Der Kaufpreis ermittelt sich dabei aus dem Unternehmenswert (Enterprise Value) auf einer "Cash-Debt-Free Basis". Sollten weniger als 100 % der Anteile an der Zielgesellschaft erworben werden, sind die liquiden Mittel und die Verbindlichkeiten ebenfalls nur anteilig, d.h. i.H.d. erworbenen Beteiligungsquote zu berücksichtigen. Gelegentlich wird in Unternehmenskaufverträgen sogar ein nicht fest vereinbarter Unternehmenswert als Ausgangsbasis der Berechnung zugrunde gelegt und stattdessen nur die Art und Weise seiner Berechnung vereinbart. Dies ist insb. dann der Fall, wenn der Unternehmenswert das Ergebnis des Produktes aus einem Faktor und des wirtschaftlichen Ergebnisses des Zielunternehmens, gemessen an seiner Ertragskraft, eines laufenden Geschäftsjahres ist (also etwa 6 x EBIT i.H.v. EUR x Mio.), der relevante EBIT aber selbst erst nach Vertragsunterzeichnung etwa auf Grundlage des geprüften Jahresabschlusses noch verbindlich für die Parteien festgelegt werden muss und bei Vertragsunterzeichnung daher nur im Wege der Schätzung angegeben werden kann. Alternativ findet man in Unternehmenskaufverträgen in solchen Fällen eine Kaufpreisanpassungsklausel, die tatsächliche Abweichungen der relevanten Kennzahl (EBIT, EBITDA) von einem festgelegten Zielwert mal Faktor als Kaufpreiserhöhung bzw. Kaufpreisminderung reflektiert. Der Unternehmenswert spielt neben der Kaufpreisermittlung i.Ü. auch eine Rolle i.R.d. Diskussion zur Haftungshöchstgrenze.
Rz. 97
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