Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 182
In der Praxis sind im Zusammenhang mit einem Asset Deal vor Insolvenzantragsstellung insb. die Anfechtungstatbestände der §§ 132 Abs. 1 Nr. 1 und 133 InsO zu beachten.
Rz. 183
Gem. § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann der Unternehmenskaufvertrag angefochten werden, wenn hierdurch die Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden, der betreffende Vertrag spätestens 3 Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurde, zur Zeit des Kaufvertragsschlusses der spätere Gemeinschuldner zahlungsunfähig war und der Erwerber zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn sich auf Grundlage einer wirtschaftlichen ex-post Betrachtung die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse ohne das anfechtbare Rechtsgeschäft günstiger gestaltet hätte, d.h. also insb., wenn der Erwerbspreis unangemessen niedrig ist. Die Bedeutung der Anfechtung nach § 132 InsO liegt v.a. darin, dass im Fall der erfolgreichen Anfechtung des Kaufvertrages die vertragliche Grundlage für die zur Erfüllung des Vertrages vorgenommenen Verfügungen beseitigt wird; dies begründet die Inkongruenz dieser Leistungen und damit die erleichterte Anfechtbarkeit der zur Erfüllung des Unternehmenskaufvertrages vorgenommenen Verfügungen (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1–3 InsO).
Nur für den Fall des sog. Bargeschäfts kann allgemein eine Anfechtbarkeit ausgeschlossen werden (§ 142 InsO). Ein solches liegt nur dann vor, wenn der Schuldner für die Veräußerung des Unternehmens in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang eine angemessene, gleichwertige Gegenleistung (Marktwert) erhalten hat.
Hinweis
Die in Unternehmenskauftransaktionen häufig vereinbarten Kaufpreiseinbehalte bzw. gestreckten Zahlungsvorgänge sind in Hinblick auf das Kriterium der Unmittelbarkeit als problematisch anzusehen. Weiter fehlt es im Fall einer (nur) teilweisen Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber unter Anrechnung auf den Kaufpreis grds. an dem Kriterium der Gleichwertigkeit; zudem kann dadurch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger verletzt sein. Es ist daher in solchen Fällen zu empfehlen, einen sofort fälligen Barkaufpreis in voller Höhe zu vereinbaren und keine (oder alle) Verbindlichkeiten des Unternehmens/Schuldners zu übernehmen.
Rz. 184
Als weiterer relevanter Anfechtungstatbestand ist noch § 133 InsO zu erwähnen, wonach ausnahmsweise sogar ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO anfechtbar sein kann. Diese Regelung betrifft den Fall der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung. Ein solcher Vorwurf steht insb. dann im Raum, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass andere Interessenten im Laufe des Insolvenzverfahrens einen höheren Preis für das Unternehmen zu zahlen bereit gewesen wären.
Hinweis
Um das Risiko einer Anfechtung hier weitestgehend auszuschließen, sollte der vertraglich vereinbarte Kaufpreis auf Grundlage gutachterlich ermittelter Werte, vorzugsweise mittels Durchführung eines Bieterverfahrens bestimmt werden.