Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
Rz. 170
Die Gründe dafür, dass ein Unternehmen in die Krise gerät, die in vielen Fällen in der Insolvenz endet, sind vielfältig und von vornherein in ihren Auswirkungen häufig nicht abschätzbar. Aus Sicht des Unternehmers bieten sich zur Bewältigung der Unternehmenskrise unterschiedliche Instrumentarien an. Neben der oft sehr kostspieligen Schließung des Unternehmens im Verbund mit einer stillen Liquidation oder der außergerichtlichen Sanierung steht insb. der Verkauf des Unternehmens oder von Teilen des Unternehmens im Fokus der Überlegungen. Demgegenüber bietet die Krisensituation und aus dieser heraus ggf. das Insolvenzverfahren einem Erwerber häufig die Möglichkeit, ein Unternehmen zu einem Bruchteil des eigentlichen Marktpreises zu erwerben.
Rz. 171
Auch im Insolvenzverfahren kommt der Verkauf bzw. der Erwerb eines Unternehmens dabei grds. in der Form eines Share Deal oder eines Asset Deal in Betracht.
Bei einem Share Deal werden die Anteile des insolventen bzw. kurz vor der Insolvenz stehenden Rechtsträgers erworben, einschließlich der Verbindlichkeiten. Durch den Erwerb wird die Unternehmenskrise nicht behoben bzw. der Insolvenzgrund nicht beseitigt; vielmehr müssen entweder die Gläubiger auf ihre Forderungen ganz oder teilweise (ggf. gegen Besserungsschein) verzichten bzw. diese langfristig stunden oder der Erwerber muss eigene Mittel zur Beseitigung des Insolvenzgrundes bzw. zur Aufhebung der Krise aufwenden.
Da der Erwerber jedoch i.d.R. nur die Wirtschaftsgüter des Unternehmens, nicht jedoch die Verbindlichkeiten übernehmen will, stellt der Asset Deal die gängige Form der Übertragung des Unternehmens im Umfeld der Insolvenz dar. In diesem Fall spricht man von einer sog. "übertragenden Sanierung" (da im Unterschied zum Unternehmenskauf außerhalb von Krise und Insolvenz nur die Aktivgüter, getrennt von den Verbindlichkeiten, die beim Schuldner verbleiben, erworben werden). Diese ist den folgenden Ausführungen als Annahme zugrunde gelegt.
Das gleiche Ziel (Erwerb der Wirtschaftsgüter, aber nicht der Verbindlichkeiten) wird i.Ü. auch in der folgenden alternativen Konstruktion erreicht: Der Insolvenzverwalter errichtet eine zur Masse gehörende sog. Betriebsübernahmegesellschaft und überträgt dieser die Wirtschaftsgüter des Unternehmens (typischerweise ohne Verbindlichkeiten). Anschließend verkauft er die Beteiligung im Wege eines Share Deal an einen Erwerber. Der Vorteil liegt hierbei darin, dass zum einen das Unternehmen bzw. zumindest ein wesentlicher Teil davon erhalten bleibt, zum anderen, dass auf diese Weise ein höherer Kaufpreis erzielt werden kann als bei einer Einzelveräußerung der zum Unternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter.
Den Anknüpfungspunkt für eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung im Insolvenzplanverfahren bildet § 225a Abs. 3 InsO nach dem im Insolvenzplan jede Regelung getroffen werden kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Damit ist neben dem in § 225a Abs. 2 InsO geregelten "Debt-Equity-Swap"-Verfahren grds. jede gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung (Share-Deal, Maßnahmen nach dem UmwG etc.) möglich.