Florian Aigner, Dr. Gabor Mues
1. Einleitung
Rz. 74
Die kunstgerechte Abfassung (bzw. Anpassung) des Unternehmenskaufvertrages ist die zentrale Aufgabe des Wirtschaftsanwaltes bei einer Unternehmenstransaktion. Da insb. das gesetzliche Gewährleistungs- bzw. Haftungsregime i.d.R. keinen adäquaten Interessensausgleich bietet, ist eine umfangreiche individualvertragliche Regelung der Gewährleistungen (und anderer wesentlicher Punkte wie Freistellungen) unabdingbar.
Im Folgenden werden die typischen Vorüberlegungen, Regelungsinhalte und -punkte eines Unternehmenskaufvertrages aufgezeigt, wobei sich die Darstellung an dem typischen Gedankengang und dem charakteristischen Aufbau eines solchen Vertrages orientiert. Wo erforderlich, erfolgt die Darstellung differenziert nach Asset Deal und Share Deal.
2. Vorfragen
a) Anwendbares Recht
Rz. 75
Grds. und insbesondere bei Unternehmenskaufverträgen, mit Berührung zu anderen Rechtsordnungen, sollten die Parteien schon im Vertragswerk abschließend regeln, welche Rechtsordnung Anwendung finden soll. Es gilt das Prinzip der freien Rechtswahl (Art. 3 Rom I-VO). Haben die Parteien hingegen keine explizite Rechtswahl vorgenommen, muss das anwendbare Recht im Streitfall nach den Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) bestimmt werden.
Hinweis
Zu beachten ist, dass eine Rechtswahl nach den allgemeinen Kollisionsregeln nur bzgl. des sog. Schuldstatuts infrage kommt, nicht jedoch für Verfügungsgeschäfte. Das Verfügungsgeschäft muss entweder die Formerfordernisse des Rechts erfüllen, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (Geschäftsform, Art. 11 Abs. 1 1 Halbs. EGBGB) oder auf die Formerfordernisse des Rechts des Staates, in dem es vorgenommen wird (Ortsform, Art. 11 Abs. 1 2 Halbs. EGBGB). Beim Asset Deal folgt die Übertragung des Eigentums an Mobilien und Immobilien dem Recht des Belegenheitsortes (lex rei sitae; Art. 43 EGBGB).
b) Formerfordernisse
aa) Asset Deal
Rz. 76
Ein Asset Deal bedarf grds. keiner besonderen Form, insb. nicht der notariellen Beurkundung, d.h. ein privatschriftlicher Vertrag ist ausreichend. In Einzelfällen kann sich allerdings die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung daraus ergeben, dass i.R.d. Kaufvertrages auch ein Grundstück verkauft und übertragen werden soll (§ 311b Abs. 1 BGB) oder das gegenwärtige Vermögen bzw. ein Bruchteil davon in "Bausch und Bogen" übertragen werden soll (§ 311b Abs. 3 BGB). Von dem Beurkundungszwang wird dann i.d.R. der gesamte Unternehmenskaufvertrag erfasst (§ 139 BGB).
Verpflichtet sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens, ist gem. §§ 179a Abs. 1 Satz 1, 179 Abs. 2 Satz 1 AktG ein Beschluss der Hauptversammlung mit mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich. Zwar ist § 179a AktG auf die GmbH nicht analog anwendbar, jedoch bedarf es zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses, selbst wenn der Gesellschaftsvertrag einen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt nicht enthält. Dieser Gesellschafterbeschluss bedarf entgegen § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht der notariellen Beurkundung.
bb) Share Deal
Rz. 77
Ist Gegenstand des Vertrages der Verkauf und die Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH, so bedarf der Vertrag gem. § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG der notariellen Beurkundung. Die Formbedürftigkeit erstreckt sich auf alle Abreden, die mit der Abtretungsverpflichtung eine wirtschaftliche Einheit bilden, ggf. auch Nebenabreden (z.B. sog. Side Letter). Die Beurkundung des Vertrages im Ausland ist nur dann zulässig und wirksam, wenn die ausländische Ortsform der inländischen notariellen Beurkundung gleichwertig ist. Eine Nichteinhaltung der Form führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages, die jedoch durch formgerechten Vollzug des Erfüllungsgeschäfts (d.h. die Abtretung der Geschäftsanteile) geheilt werden kann. Die Beurkundung von GmbH-Geschäftsanteilsabtretungen im Ausland ist mit Blick auf die nach Einführung des MoMiG neu entfachte Diskussion hinsichtlich der Gleichwertigkeit von Auslandsbeurkundungen hinsichtlich der Anforderungen von § 40 Abs. 2 GmbHG betreffend die Einreichung von Gesellschafterlisten und aktuell fehlender höchstrichterlicher Rspr. zu dieser Frage in der Praxis nicht empfehlens...