aa) Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss

 

Rz. 173

Entsprechend § 522 Abs. 1 S. 1, S. 2, S. 4 ZPO in Verbindung mit § 117 Abs. 1 S. 4 Alt.2 FamFG hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Fehlt eines dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

 

Rz. 174

 

Praxistipp

Gegen den Beschluss findet entsprechend § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO die Rechtsbeschwerde statt und zwar – abweichend von § 70 Abs. 1 Hs.2 FamFG – ohne dass es ihrer Zulassung bedarf.

Außerdem wird das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht durch die Verweisung auf § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO ermächtigt, die Beschwerde auch dann als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht form- und fristgerecht begründet wurde; demgegenüber sieht § 68 Abs. 2 S. 1 FamFG konsequent eine Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde nur hinsichtlich der Einhaltung der Statthaftigkeit sowie der Beschwerdeform und -frist vor, nicht aber bezüglich der Beschwerdebegründungsfrist, da in reinen FamFG-Verfahren – im Gegensatz zu Ehe- und Familienstreitsachen – die Beschwerdebegründung nicht zwingend vorgeschrieben ist.

§ 522 Abs. 2 ZPO ist ebenfalls entsprechend anwendbar, obwohl § 117 FamFG keine Verweisung auf die Vorschrift enthält.[246] Das Oberlandesgericht darf unter den Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO die Beschwerde durch einstimmigen Beschluss[247] zurückweisen, wenn es davon überzeugt ist, dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht erfordert und die Beteiligten zuvor auf die beabsichtigte Beschwerde Zurückweisung und die Gründe hierfür unter Fristsetzung zur Stellungnahme hingewiesen worden sind.

[246] OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 232; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig, § 117 Rn 9.1; Keidel/Weber, § 117 Rn 10.
[247] Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen solchen Beschluss siehe BVerfG NJW 2009, 572.

bb) Keine Güteverhandlung

 

Rz. 175

Entsprechend § 117 Abs. 2 S. 2 FamFG bedarf es im Beschwerde-wie im Rechtsbeschwerdeverfahren keiner Güteverhandlung. Die Vorschrift verwirklicht den allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz für Rechtsmittel, nachdem es im Beschwerde- bzw. Berufungsverfahren und im Rechtsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahren keiner Güteverhandlung bedarf.[248] Sie entspricht §§ 525 S. 2, 555 Abs. 1 S. 2 ZPO und ergänzt die allgemeinen Vorschriften der §§ 68 Abs. 3, 74 Abs. 4 FamFG für den Bereich der Familienstreitsachen.

[248] MüKo-FamFG/Fischer, § 117 Rn 6, 24.

cc) Versäumnisbeschlüsse

 

Rz. 176

Entsprechend § 514 ZPO in Verbindung mit § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG kann ein echter Versäumnisbeschluss, der in erster Instanz durch das Familiengericht gegen den säumigen Beteiligten aufgrund der Säumnis ergeht, nicht mit der Beschwerde oder Anschlussbeschwerde angefochten werden. Statthaft ist entsprechend § 338 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG allein der Einspruch.

 

Rz. 177

Die entsprechende Anwendung des § 514 Abs. 2 S. 1 ZPO führt dazu, dass nur ein zweiter Versäumnisbeschluss (entsprechend § 345 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) der Beschwerde oder Anschlussbeschwerde unterliegt, allerdings nur insoweit, als sie darauf gestützt werden kann, dass ein Fall der schuldhaften Säumnis nicht vorgelegen habe. Die Wertgrenzen des § 511 Abs. 2 ZPO gelten entsprechend § 514 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht.

 

Rz. 178

Entsprechend § 539 ZPO in Verbindung mit § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG kann in der Beschwerdeinstanz ein Versäumnisbeschluss ergehen, weil auch im erstinstanzlichen Verfahren ein Versäumnisverfahren stattfindet.[249]

[249] BT-Drucks 16/6308, 225.

dd) Rücknahme der Beschwerde

 

Rz. 179

Entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG hat die Rücknahme der Beschwerde in Familienstreitsachen (ebenso in Ehesachen) den Verlust des Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Tragung der durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zur Folge.

ee) Vorbereitender und entscheidender Einzelrichter

 

Rz. 180

Entsprechend § 527 ZPO in Verbindung mit § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG kann das Oberlandesgericht die Sache auf den vorbereitenden Einzelrichter übertragen- nach § 68 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 526 ZPO kann die Beschwerde durch Beschluss auch einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen werden, dem sogenannten entscheidenden Einzelrichter. Der vorbereitende Einzelrichter erhebt einzelne Beweise im Sinne des § 527 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO, nicht aber die für die Entscheidung besonders wichtigen Beweise, die wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes entsprechend § 355 Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG dem Kollegium vorbehalten sind, weil es ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme das Beweisergebnis nicht sachgemäß zu würdigen vermag. Persönliche Eindrücke des vorbereitenden Einzelrichters bei seiner Beweisaufnahme darf das Kollegium nämlich bei seiner Beweiswürdigung nur verwerten, wenn sie im Einzelrichterprotokoll niedergelegt sind.[250] Insgesamt beschränkt sich die E...

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