1. Regelmäßige Verjährungsfrist
Rz. 85
Im Zuge der Vereinheitlichung des Verjährungsrechtes wurde die regelmäßige Verjährungsdauer von 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.) auf drei Jahre (§ 195 BGB n.F.) verkürzt. Die Verjährungsregel des § 852 BGB a.F. für deliktische Ansprüche wurde aufgehoben. Es gilt nun grundsätzlich für alle Ansprüche die einheitliche Frist des § 195 BGB von drei Jahren. § 195 BGB lautet: "Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre".
Rz. 86
Dies bedeutet eine wesentliche Verkürzung der früheren Fristen. Der Preis für die Verkürzung ist die sog. Subjektivierung der Regelfristen, d.h. die Verjährung beginnt nur, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Tatsachen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Rz. 87
Die dreijährige Verjährungsfrist ist für deliktische Schadensersatzansprüche nichts Neues (vgl. § 852 BGB a.F.). Auch bleibt es weiterhin für den Direktanspruch gegen den Kfz-Versicherer nach § 115 Abs. 2 S. 1 VVG bei einer dreijährigen Verjährungsfrist. Die früher in den §§ 196 und 197 BGB geregelten Sonderfälle kurzer Verjährungen sind entfallen. Die regelmäßige Verjährungsfrist ist auf drei Jahre reduziert worden.
Rz. 88
Das bedeutet Folgendes:
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Ansprüche gegen die Verkehrsopferhilfe verjähren nach der regelmäßigen Verjährungsfrist, d.h. in drei Jahren. |
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Für die Verjährung des Direktanspruches gegen den Haftpflichtversicherer gilt gem. § 115 Abs. 2 S. 1 VVG die Verjährungsfrist des Haftpflichtanspruches, also ebenfalls seit dem 1.1.2002 von drei Jahren ab Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis (§ 199 BGB). |
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Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern nach § 426 Abs. 1 BGB unterfällt ebenfalls der regelmäßigen Verjährungsfrist, d.h. er verjährte bis zum 31.12.2001 in 30 Jahren (BGH VersR 1971, 157; Müller, VersR 2001, 429), seit dem 1.1.2002 gilt auch hierfür die neue regelmäßige dreijährige Frist. Es muss somit noch mehr als bisher auf eine Vorsorge gegen einen Verjährungseintritt geachtet werden. Dies gilt auch für schon regulierte Fälle, wenn in Zukunft noch weitere Aufwendungen möglich sind (vgl. die Übergangsvorschriften für die Neuregelung). |
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Auch für andere gesetzliche Ansprüche (ungerechtfertigte Bereicherung; Geschäftsführung ohne Auftrag; Aufwendungsersatz) gilt – anstelle der bisher geltenden 30-jährigen Frist – die dreijährige Frist ab Kenntnis/grob fahrlässiger Unkenntnis. |
2. Verjährungssonderregeln
Rz. 89
Nach dem Verjährungsrecht gelten unterschiedliche Verjährungsregeln. Neben der dreijährigen Frist kennt das Recht Fristen von zehn bzw. 30 Jahren.
Rz. 90
§ 197 Abs. 1 BGB lautet nach verschiedenen Modifizierungen seit der Schuldrechtsmodernisierung inzwischen:
Zitat
(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
1. |
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, |
2. |
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen, |
3. |
rechtskräftig festgestellte Ansprüche, |
4. |
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden, |
5. |
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und |
6. |
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung. |
(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.
Rz. 91
Folgendes hat sich im Verkehrszivilrecht, bezogen auf die frühere Gesetzeslage, geändert:
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§ 197 Abs. 2 BGB: Ansprüche aus künftig fällig werdenden regelmäßig wiederkehrenden Leistungen verjähren – trotz rechtskräftiger Feststellung – in einer Frist von drei Jahren (früher vier Jahre gem. § 197 BGB a.F.). Betroffen von dieser Regelung sind im Schadensersatzrecht Erwerbsschadensrechte, Unterhaltsrenten gem. § 844 BGB, Mehrbedarfs- und Schmerzensgeldrenten sowie ein monatlich zu ersetzender Haushaltsführungsschaden. Diese Verjährungsfrist ist eine "Haftungsfalle". Es wird oft übersehen, dass schon nach dem früher geltenden § 197 BGB Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen (wie etwa Schadensersatzrenten) in dieser kurzen Frist von früher vier, seit 1.1.2002 drei Jahren auch dann verjähren, wenn das Stammrecht gegen eine Verjährung (etwa durch ein Feststellungsurteil oder eine feststellungsurteilersetzende Erklärung) für 30 Jahre abgesichert ist (BGH VersR 2000, 1116 = r+s 2000, 417). Daher sind seit 1.1.2002 Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen für einen länger als drei Jahre zurückliegenden Zeitpunkt verjährt. Der Anwalt, der einen Geschädigten vertritt und monatliche Zahlungsansprüche verfolgt (Verdienstausfall, Haushaltsführung, Schmerzensgeld, Mehrbedarf), muss daher Vorsorge treffen, dass Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für einen länger zurückliegenden Zeitraum gegen Verjährung g... |