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Beispiel: Wasserschaden im Sondereigentum, schuldlos entstanden wegen Mängeln der Nachbarwohnung

Ausgangsfall: Ein Wasserhahn (Sondereigentum) in der Wohnung des Eigentümers A hält einem Druckstoß in der Wasserleitung nicht stand; daran trifft A kein Verschulden. Durch den Wasseraustritt kommt es zu Schäden in der darunter liegenden Wohnung des Eigentümers B. B verlangt Schadensersatz von A. – Eine verschuldensabhängige Haftung des A scheidet aus. B hat jedoch einen Ausgleichsanspruch gem. § 14 Abs. 3 WEG (sog. Aufopferungsanspruch, Einzelheiten → § 6 Rdn 58).[11] Ein entsprechender Ausgleichsanspruch war auch schon vor der WEG-Reform 2020 anerkannt (nachbarrechtlicher Aufopferungsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB[12]). Auch vorliegend gilt, dass B vor dem Hintergrund der "gemeinschaftsrechtlichen Treuepflicht" zuerst versuchen muss, die Leitungswasserschadenversicherung (soweit vorhanden und eintrittspflichtig) in Anspruch zu nehmen (→ § 12 Rdn 4).

Variante 1: Die Beteiligten (Schädiger und Geschädigter) sind nicht die Wohnungseigentümer, sondern deren Mieter. – Ein Ersatzanspruch besteht auch in diesem Fall, weil der Mieter "bei der gebotenen wertenden Betrachtung in das zwischen den Grundstückseigentümern bestehende nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis einrückt".[13] Anspruchsgrundlage ist jetzt § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog.

Variante 2 (Exkurs): Das Haus ist nicht in Wohnungseigentum aufgeteilt, sondern ein "Mietshaus". Jetzt geht der geschädigte Mieter leer aus. § 906 BGB greift zwischen Mietern nicht[14] und deliktische Ansprüche gegen B scheitern am fehlenden Verschulden des A. Gegenüber dem Vermieter tritt eine Mietminderung ein. Eventuell hat der Schaden auch zur Folge, dass der Mieter – sofern ihm die Schönheitsreparaturen auferlegt sind – die Tapete nicht erneuern oder streichen muss. Über den Schaden an der Tapete hinausgehende Ersatzansprüche hat B aber nicht, weil auch den Vermieter kein Verschulden trifft.

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