Rz. 23

Gem. § 18 Abs. 3 WEG ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum drohenden Schadens notwendig sind. Diese sog. Notgeschäftsführung gibt dem Wohnungseigentümer zwar keine Vertretungsmacht, Aufträge im Namen der Gemeinschaft zu erteilen, aber einen Anspruch auf Aufwendungsersatz.[34] Allerdings liegen die Voraussetzungen dafür fast nie vor, zumindest, solange ein Verwalter vorhanden ist. Auch in dringenden Fällen (Wasserrohrbruch, Dachundichtigkeit usw.) muss nämlich zunächst dem Verwalter die Möglichkeit gegeben werden, die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Nur wenn es keinen Verwalter gibt, oder wenn er ein Tätigwerden verweigert, und wenn ferner keine Zeit bleibt, eine Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen, kann eine Maßnahme des einzelnen Miteigentümers als Notgeschäftsführung notwendig i.S.v. § 18 Abs. 3 WEG und somit berechtigt sein. Und auch dann sind nur zu Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahrenlage erlaubt, nicht jedoch Arbeiten, die einer dauerhaften Beseitigung der Schadensursache dienen.[35] Aufwendungsersatzansprüche nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 BGB) lässt der BGH (wie erwähnt → § 12 Rdn 19) nicht zu.

 

Rz. 24

 

Beispiele für Notgeschäftsführung:

A bezahlt die ausstehende Versicherungsprämie für die Gebäudeelementarversicherung, um die drohende Kündigung des Versicherungsvertrags abzuwenden. Oder: A lässt für 27.000,00 EUR zur Abwendung von Wassereinbruch und Einsturzgefahr das Holzdach sanieren. Der Verwalter blieb pflichtwidrig untätig. – A kann jeweils Aufwendungsersatz verlangen.[36] Der Anspruch richtet sich (nur) gegen die Gemeinschaft. Von den Miteigentümern kann A auch dann nicht gem. § 10 Abs. 8 WEG anteilige Zahlung verlangen, wenn die Gemeinschaft vermögenslos sein sollte. Der "Durchgriffsanspruch" gem. § 9a Abs. 4 WEG steht nur außenstehenden Dritten zu; für Ansprüche der Wohnungseigentümer untereinander (sog. Sozialverbindlichkeiten) gilt er nicht.[37] A muss keinen Beschluss über die Zahlung herbeiführen, sondern kann die WEG direkt auf Zahlung in Anspruch nehmen.[38]

[34] BGH v. 26.10.2018 – V ZR 279/17, ZMR 2019, 419, Rn 5. Eine Anspruchsgrundlage hierfür sucht man im WEG vergeblich. Der Gesetzgeber hielt den Ersatzanspruch für selbstverständlich, da § 21 Abs. 2 WEG a.F. (= § 18 Abs. 3 WEG) dem § 744 Abs. 2 BGB (notwendige Maßnahmen des Teilhabers einer Bruchteilsgemeinschaft) nachgebildet wurde und der Aufwendungsersatzanspruch des Teilhabers anerkannt war und ist. Richtiger Weise ergibt sich die Anspruchsgrundlage aus analoger Anwendung der §§ 670, 683, 713 BGB, 110 HGB.
[36] BGH v. 26.10.2018 – V ZR 279/17, ZMR 2019, 419, Rn 5 für den ersten Fall; OLG München v. 15.1.2008 – 32 Wx 129/07, ZMR 2008, 321 für den zweiten Fall. Dass im zweiten Fall auch heute noch ein Ersatzanspruch bejaht werden würde, muss bezweifelt werden.
[38] LG Karlsruhe v. 22.11.2018 – 11 S 23/17, ZWE 2019, 324, Rn 17.

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