Rz. 55
"Klassische" Vorgehensweise
Gemäß § 885 Abs. 1 S. 2 ZPO soll der Gerichtsvollzieher den Schuldner auffordern, eine Anschrift zum Zwecke von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.
Rz. 56
Die Zeit der beabsichtigen Räumung soll rechtzeitig mitgeteilt werden. I.d.R. müssen zwischen dem Tag der Zustellung der Mitteilung über den Räumungstermin und dem Tag der Durchführung der Räumung mindestens drei Wochen liegen. Wegen der Zweiwochenfrist des § 765a Abs. 3 ZPO ist die Räumung so rechtzeitig anzukündigen, dass dem Räumungsschuldner die Einhaltung dieser Frist zur Beantragung von Vollstreckungsschutz möglich ist. Bei verspäteter Ankündigung gilt die Frist des § 765a Abs. 3 ZPO nicht.
Rz. 57
Gemäß § 885 Abs. 1 ZPO hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.
Rz. 58
Dem Schuldner ist notfalls mit Gewalt die tatsächliche Sachherrschaft zu nehmen. Eine Anwesenheit des Schuldners bei der Räumung ist dabei nicht erforderlich, da ihm Sachherrschaft auch ohne seine Anwesenheit genommen werden kann. Die Besitzeinweisung des Gläubigers erfolgt durch Übergabe der unbeweglichen Sache. Dies kann z.B. durch Übergabe der Schlüssel, Einbau eines neuen Schlosses mit Schlüsselübergabe oder Bestellung eines Hüters erfolgen. Bei unbebauten oder brachliegenden Grundstücken kann die Besitzentsetzung des Schuldners und die Besitzeinweisung des Gläubigers auch durch Erklärung des Gerichtsvollziehers zu Protokoll geschehen.
Rz. 59
Die Räumung erfordert auch, dass Personen, gegen die nach den oben (siehe Rdn 40 ff.) dargestellten Grundsätzen die Räumungsvollstreckung betrieben werden kann, aus dem Besitz gesetzt werden.
Rz. 60
Die Herausgabe- und Räumungsvollstreckung bezieht sich auch auf Zubehör, auch wenn es im Schuldtitel nicht gesondert erwähnt ist. Die Zubehörstücke verbleiben auf dem Grundstück und werden mit ihm dem Gläubiger übergeben.
Rz. 61
Demgegenüber obliegt die Durchführung von Arbeiten oder Handlungen zur Herausgabe eines Grundstückes im vertragsgemäßen Zustand, wie z.B. der Abbau oder das Entfernen von Gebäuden oder Anlagen oder das Beseitigen einer mit Bäumen oder Sträuchern bewachsenen Erdaufschüttung, dem Gerichtsvollzieher nicht. Daher scheidet eine Ermächtigung zur Ersatzvornahme gemäß § 887 Abs. 2 ZPO aus dem Räumungstitel aus. Der Anspruch auf Beseitigung von Bauwerken und Anpflanzungen erfordert einen gesonderten Titel, der dann nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist.
Rz. 62
Besteht hinsichtlich bestimmter, sich auf dem Grundstück befindlicher beweglicher Sachen des Schuldners ein titulierter Anspruch, so ist § 883 Abs. 1 ZPO unmittelbar anzuwenden.
Rz. 63
Darüber hinaus ist auch ein Zusammentreffen der Räumungsvollstreckung nach § 885 Abs. 1 ZPO mit einer Pfändung beweglicher Sachen des Schuldners im Rahmen der Vollstreckung einer Geldforderung denkbar. In diesem Falle pfändet der Gerichtsvollzieher die Sachen gemäß § 808 ZPO.
Rz. 64
Sonstige bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Vollstreckung sind, sind nach § 885 Abs. 2–4 ZPO zu behandeln. Nach § 885 Abs. 2 ZPO sind bewegliche Sachen, die im Eigentum – oder auch nur im Besitz – des Schuldners stehen wegzuschaffen und dem Schuldner respektive, wenn dieser nicht anwesend ist, einem Bevollmächtigten oder einer zu seiner Familie gehörenden oder in seiner Familie dienenden erwachsenen Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner zu übergeben oder zur Verfügung zu stellen. Weitere Voraussetzung ist, dass eine solche Person zur Annahme bereit ist. Die Übergabe hat außerhalb der zu vollstreckenden Räume zu geschehen.
Rz. 65
Ist weder der Schuldner noch eine der in § 885 Abs. 2 ZPO genannten Personen anwesend oder ist diese Person nicht zur Entgegennahme bereit, so hat der Gerichtsvollzieher gemäß § 885 Abs. 3 ZPO die Sachen wegzuschaffen und für eine sichere Verwahrung zu sorgen. Die Wegschaffung und Einlagerung der Sachen erfolgen auf Kosten des Schuldners – bei Vorschusspflicht des Gläubigers. In der Regel wird er die Sachen in das Pfandlokal schaffen oder anderweitig (z.B. bei einer Spedition) in Verwahrung bringen. Die Auswahl einer zur Zwangsräumung erforderlichen Spedition sowie der notwendigen Verwahrmöglichkeiten steht im Ermessen und der Verantwortung des beauftragten Gerichtsvollziehers. Im Verhältnis zum Schuldner entsteht ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis. Bei Zustimmung des Gläubigers oder aufgrund einer Kostenabwägung ist der Gerichtsvollzieher zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Sachen zum Schuldner zu schaffen. Aufgrund des Mietrechtsänderungsgesetzes von 2013 wurde § 885 Abs. 3 ZPO dahingehend erweitert, dass Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, unverzüglich vernichtet werden. Darunter sind für den Schuldner ersichtlich unbrauchbare Sachen wie Unrat oder Müll zu verstehen.
Rz. 66
Dies gilt auch für Tiere des Schuldners. Diese sind gemäß § 90a BGB wie bewe...