Rz. 6

Aus der Möglichkeit, dass Geschäftsfähigkeit und Betreuung auseinanderfallen, ergibt sich beim Umgang mit Betreuten oder betreuungsbedürftigen Menschen für andere Personen – wie Miterben – ein zentrales Problem. Auch ein Betreuter kann, wenn er geschäftsfähig ist, einen Auseinandersetzungsvertrag wirksam schließen. Allerdings kann ein Geschäftsunfähiger unbetreut sein, etwa wenn die Betreuung nicht erforderlich ist. Beides führt zu Unsicherheiten und für den Geschäftspartner (etwa den Miterben) ist der unerkannt Geschäftsunfähige ein Debakel.

 

Rz. 7

In der anwaltlichen Vertretung eines Erben sollten Anzeichen der Geschäftsunfähigkeit eines Miterben alarmierend sein. Ein Zeugnis über die Geschäftsfähigkeit kann von einem Miterben nicht verlangt werden. Im Zweifel sollte daher für den Miterben eine Betreuung beim Betreuungsgericht[8] angeregt werden;[9] örtlich zuständig ist gem. § 272 Abs. 1 Nr. 2 FamFG das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie kann auch ein Versuch sein, einen verlässlichen Ansprechpartner zu erhalten, wenn der Miterbe selbst etwa aus gesundheitlichen Gründen mit der Auseinandersetzung überfordert ist.

Der Aufgabenkreis kann die "Vertretung bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach Herrn X" sein. Umfassend ist der Aufgabenkreis der "Vermögenssorge", wobei deren konkreter Umfang in dem Beschluss beschrieben werden sollte. Für eine fachgerechte Bearbeitung kann die Bestellung eines Rechtsanwaltes angeregt werden.

 

Rz. 8

Muster 13.1: Anregung einer Betreuung für einen Miterben

 

Muster 13.1: Anregung einer Betreuung für einen Miterben

An das Betreuungsgericht _________________________

Wir zeigen die Vertretung von Frau Z an und regen die Einrichtung einer Betreuung für

Herrn B, wohnhaft Adresse _________________________,

für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge, insbesondere Vertretung bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach Herrn _________________________, an.

Begründung

Herr B ist mit unserer Mandantin in einer Erbengemeinschaft nach Herrn _________________________ verbunden. Gegenstand der Gemeinschaft sind eine Immobilie, Bankguthaben von etwa 20.000 EUR sowie Hausrat.

Seit kurz nach dem Erbfall am 14.2.2017 bemüht sich unsere Mandantin, die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen. Dies scheitert jedoch an der fehlenden Mitwirkung des Herrn B. So wurde etwa _________________________. Bis zur Verwertung der Immobilie sind zumindest die laufenden Kosten zu begleichen, wofür auch die Mitwirkung von Herrn B notwendig ist.

Herr B ist 85 Jahre alt und scheint mit dem Sachverhalt erheblich überfordert. Briefe werden gar nicht oder nur unverständlich beantwortet. Im persönlichen Gespräch erscheint er meist kooperativ, hält aber Zusagen nicht ein. Herr B vermochte es auch nicht, einen Rechtsanwalt oder eine andere Person zu bevollmächtigen, obwohl unsere Mandantin dies mehrfach anregte. Es ist hier eine – wohl altersbedingte – krankhafte Störung zu vermuten, eventuell eine Demenz.

Die Geschäftsfähigkeit scheint nicht mehr gegeben.

Da es sich bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft um eine juristisch anspruchsvolle Tätigkeit handelt, regen wir die Benennung eines Rechtsanwaltes zum Betreuer an.

[8] Bis zum Inkrafttreten der FamFG-Reform zum 1.9.2009 "Vormundschaftsgericht", vgl. Knittel, BtPrax 2008, 99.
[9] Einen "Antrag" kann gem. § 1896 Abs. 1 BGB nur der Betroffene stellen.

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