1. Einleitung
Rz. 11
Der geschäftsfähige Betreute kann eine Erbschaft selbst annehmen und ausschlagen. Problematisch sind die Befugnisse des mit einem entsprechenden Aufgabenkreis ausgestatteten Betreuers, insbesondere wenn dieser ein Miterbe des Betreuten ist.
2. Annahme
Rz. 12
Die Annahmeerklärung ist eine "formfreie Willenserklärung des vorläufigen Erben, mit der er zum Ausdruck bringt, endgültiger Erbe sein zu wollen". Sie ist nicht empfangsbedürftig. Eine konkludente Annahme ist möglich.
Ein Betreuer kann die Erbschaft für den Betreuten annehmen, eine Stellvertretung ist möglich. Der Betreuer kann auch ein Miterbe sein. Die Beschränkung nach § 181 BGB steht nicht entgegen, da diese Norm hier nicht anwendbar ist. Die Erklärung ist nicht empfangsbedürftig, der Miterbe ist also nicht Erklärungsempfänger. Er vertritt damit nicht beide Seiten.
Ein Interessenkonflikt ist praktisch schwer vorstellbar, würde aber auch keine (analoge) Anwendung von § 181 BGB ermöglichen. Ob die Annahme bei einem nicht vertretenen Geschäftsunfähigen durch Fristablauf eintritt, ist umstritten. Als Vertreter des Miterben sollte im Zweifel eine Betreuung angeregt werden. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich.
3. Ausschlagung
Rz. 13
Im Gegensatz zur Annahme ist die Ausschlagung eine "form- und amtsempfangsbedürftige Willenserklärung". Der geschäftsunfähige Betreute muss durch den Betreuer vertreten werden. Die Erklärung des Betreuers bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, §§ 1908i, 1822 Nr. 2 BGB. Daher tritt die umstrittene Frage der Anwendbarkeit des § 181 BGB in den Hintergrund.
Rz. 14
Problematisch ist der Fristlauf. Er beginnt gem. § 1944 BGB mit Kenntnis von Anfall und Grund der Erbschaft. Bei Geschäftsunfähigen beginnt die Frist mit Kenntnis des Vertreters, auch wenn dieser erst zu bestellen ist (§ 210 BGB).
Bei einem geschäftsfähigen Betreuten kann auch dessen Kenntnis entscheidend sein. Dies gilt wohl selbst, wenn gem. § 1903 BGB ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist. Die Kenntniserlangung wird nicht erfasst, da sie keine Willenserklärung ist. Es genügt jedenfalls gem. § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis des Betreuers.
In der Zeit zwischen Antrag auf Genehmigung der Ausschlagungserklärung und der Entscheidung durch das Betreuungsgericht wird die Ausschlagungsfrist gem. §§ 206, 209, 1944 Abs. 2 BGB als gehemmt angesehen.
4. Unklare Situationen
Rz. 15
Für die Miterben ergeben sich insbesondere unklare Situationen, wenn Betreuter und Betreuer unterschiedlich handeln oder keiner von beiden handelt.
Bei einem betreuten, geschäftsfähigen Erben könnte es zum "Wettlauf" zwischen Betreuer und Betreuten kommen, wenn der eine ausschlagen und der andere annehmen möchte. Da die eine Erklärung die andere ausschließt, kommt es auf die frühere an. Es bleibt ggf. nur die Anfechtung. Allerdings ist der Betreuer gem. § 1901 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB grundsätzlich den Wünschen des Betreuten verpflichtet, so dass eine Annahme oder Ausschlagung gegen dessen Willen ohnehin problematisch und nur im Rahmen von § 1901 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 BGB pflichtgemäß ist.
Sind der betreuungsbedürftige bzw. betreute Miterbe und der Betreuer untätig, sollte der Lauf der Ausschlagungsfrist sichergestellt werden, indem beiden die notwendigen Kenntnisse verschafft werden. Ist die Geschäftsfähigkeit zweifelhaft und kein Betreuer bestellt, ist eine Betreuung anzuregen.
Rz. 16
Auskunftsrechte der Miterben gegenüber dem Betreuungsgericht über den Stand eines Genehmigungsverfahrens sollten nicht bestehen. Erklärungen können ggf. beim Nachlassgericht eingesehen werden. Zudem könnten der Betreute und dadurch der Betreuer gem. § 242 BGB zu einer Auskunft gegenüber den Miterben verpflichtet sein.
Schließlich hat das Nachlassgericht selbst das Verfahren voranzutreiben, wenn etwa durch einen Erbscheinsantrag dazu Anlass besteht.