(1) Grundsatz
Rz. 88
Die Terminsgebühr entsteht im erstinstanzlichen Verfahren grundsätzlich zu einem Gebührensatz von 1,2. Auf den Verlauf des Termins kommt es vorbehaltlich der Ermäßigung nach Nr. 3105 VV (siehe Rdn 89 ff.) nicht an. Insbesondere ist es unerheblich, ob streitig, nicht streitig verhandelt wird, ob der Rechtsstreit für erledigt erklärt, die Klage zurückgenommen oder ein Vergleich geschlossen wird. In allen Fällen entsteht die Terminsgebühr grundsätzlich zu 1,2.
(2) Ermäßigte Terminsgebühr (Nr. 3105 VV)
(a) Überblick
Rz. 89
Nach Nr. 3105 VV ermäßigt sich die 1,2-Terminsgebühr der Nr. 3104 VV auf 0,5. Die Ermäßigung tritt danach ein,
1. |
wenn
a) |
die Gegenpartei und
- auch nicht ordnungsgemäß vertreten ist
oder |
b) |
die Gegenpartei in einem Verfahren mit Anwaltszwang zwar selbst erschienen ist, allerdings ohne Anwalt und damit wegen des Postulationszwangs des § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht ordnungsgemäß vertreten ist, |
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2. |
und
a) |
lediglich ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird oder |
b) |
lediglich ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung gestellt wird oder |
c) |
das Gericht von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung entscheidet. |
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Rz. 90
Die Vorschrift des § 333 ZPO (Nichtverhandeln trotz Erscheinens) ist nicht entsprechend anzuwenden (Anm. Abs. 2 zu Nr. 3105 VV).
Rz. 91
Erforderlich für das Entstehen der Terminsgebühr ist lediglich, dass ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird. Ob das Versäumnisurteil dann auch ergeht, oder möglicherweise wegen nicht ordnungsgemäßer Ladung des Gegners der Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils zurückgewiesen wird, ist unerheblich.
(b) Grundfälle
Rz. 92
Erscheint weder der Gegner noch für diesen ein Anwalt und wird dann sofort ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3105 VV auf 0,5. Dabei ist unerheblich, ob der Kläger bei Säumnis des Beklagten oder der Beklagte bei Säumnis des Klägers den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils stellt.
Beispiel 42: Antrag auf Versäumnisurteil im Termin, Versäumnisurteil wird erlassen
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Kläger nicht. Der Beklagte beantragt den Erlass eines klageabweisenden Versäumnisurteils, das dann auch ergeht. Der Gegenstandswert beträgt 8.000,00 EUR.
Es entsteht neben der Verfahrensgebühr nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nrn. 3104, 3105 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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652,60 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
0,5-Terminsgebühr, Nrn. 3104, 3105 VV |
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251,00 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
923,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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175,48 EUR |
Gesamt |
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1.099,08 EUR |
Rz. 93
Ebenso zu rechnen ist, wenn das Gericht das beantragte Versäumnisurteil nicht erlässt, sei es, weil die Ladung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist oder das Gericht die Klage für unschlüssig hält. Auch jetzt entsteht nur eine 0,5-Terminsgebühr.
Beispiel 43: Antrag auf Versäumnisurteil im Termin, Versäumnisurteil wird nicht erlassen
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht. Der Kläger beantragt den Erlass eines Versäumnisurteils. Das Gericht lehnt mangels Schlüssigkeit der Klage den Erlass eines Versäumnisurteils ab (§ 335 ZPO).
Ob das Versäumnisurteil erlassen wird, ist unerheblich. Zu rechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 42.
Rz. 94
Ebenso ist zu rechnen, wenn nicht ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt wird, sondern ein Antrag zur Prozess- und Sachleitung.
Beispiel 44: Antrag auf Entscheidung zur Prozess- und Sachleitung
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht. Der Kläger beantragt Vertagung.
Zu rechnen ist wie im Beispiel 42.
Rz. 95
Gleichfalls ist so zu rechnen, wenn von Amts wegen eine Entscheidung zur Prozess- und Sachleitung ergeht (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3105 VV).
Beispiel 45: Entscheidung von Amts wegen zur Prozess- und Sachleitung
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint der Beklagte nicht. Der Kläger stellt keinen Antrag. Das Gericht beschließt das Ruhen des Verfahrens.
Zu rechnen ist wie im Beispiel 42.
Rz. 96
Anders verhält es sich dagegen bei mehreren Terminen, in denen nur Anträge zur Prozess- und Sachleitung gestellt werden oder das Gericht hierzu von Amts wegen entscheidet. Die Ermäßigung greift nur bei Wahrnehmung "eines" Termins und ist bei der Wahrnehmung mehrerer Termine nicht anwendbar. Siehe hierzu den vergleichbaren Fall des zweiten Versäumnisurteils und die dazu ergangene Rspr. u. Rdn 115 ff.
Beispiel 46: Mehrere Termine mit Anträgen zur Prozess- und Sachleitung
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (Streitwert: 5.000,00 EUR) erscheint der Beklagte nicht. Der Anwalt des Klägers beantragt Vertagung. Im zweiten Termin erscheint der Beklagte wieder nicht. Der Anwalt des Klägers beantragt, das Verfahren zum Ruhen zu bringen. Hiernach wird die Klage zurückgenommen.
Da der Anwalt des Klägers mehr als einen Termin wahrgenommen hat, ist die Ermäßigung nach Nr. 3105 VV nicht anwendbar. Es entsteht die Terminsgebühr zu 1,2.
1. |
1,3-Verfahrensgebüh... |