Rz. 97

Bis zum Jahr 2001 war die Berufung als volle zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet; das hat die ZPO-Reform 2001 geändert.[178] Seitdem ist die Berufungsinstanz nur noch eine eingeschränkte Tatsacheninstanz mit der Aufgabe der Fehlerkontrolle. Sie entspricht somit weitgehend der Revision. Die Berufung kann gem. § 513 Abs. 1 ZPO nur auf zwei Gründe gestützt werden:

 

Rz. 98

Die Entscheidung des Amtsgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung. Der Berufungskläger muss vortragen, dass das Amtsgericht auf der Grundlage seiner Tatsachenfeststellungen eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat (§ 546 ZPO). Dabei ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des Amtsgerichts gebunden.
Die dem Urteil zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung, in anderen Worten: Die Tatsachenfeststellungen werden angegriffen. Denn die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen sind gem. § 529 ZPO nur zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige Zweifel sind insbesondere dann begründet, wenn Fehler in der Beweiswürdigung vorliegen (Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze). Zweifel können sich aber auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme oder Parteianhörung anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. In diesem Fall ist das Berufungsgericht zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet.[179]
 

Rz. 99

Für die Berufungsbegründung müssen die Rechtsverstöße im angefochtenen Urteil herausgearbeitet werden. Das verlangt Sorgfalt; es reicht nicht aus, das Urteil der Vorinstanz mit formelhaften Wendungen (Textbausteinen) zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder es zu wiederholen.[180] Neuer Sachvortrag, der schon in erster Instanz vorgebracht werden konnte, ist grundsätzlich unzulässig. Wegen der Einzelheiten wird auf die einschlägige Literatur zum Berufungsrecht verwiesen.

 

Rz. 100

Muster 13.6: Berufungsanträge

 

Muster 13.6: Berufungsanträge

An das Landgericht

In der Berufungssache

Acker u.a. / WEG Heinestraße 12, 75234 Musterstadt

werden wir namens der Kläger beantragen:

Das Urteil des Amtsgerichts Musterstadt vom 7.4.2022 (Az.: 2 C 08/22) wird abgeändert. [Es folgen die Anträge aus der Klage, → § 13 Rdn 56]

Wert des Beschwerdegegenstands: 700,00 EUR

Begründung: _________________________

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