Rz. 58
Der gerichtliche Vergleich in WEG-Sachen wirft diverse, teilweise ungeklärte, Rechtsfragen auf. Nur einige davon werden nachfolgend erörtert.
Rz. 59
Eine Beschlussanfechtungsklage kann durch Vergleich nur sehr eingeschränkt beendet werden. Jedenfalls steht der angefochtene Beschluss selbst nicht zur Disposition: Er bleibt gültig, solange er nicht gerichtlich rechtskräftig für ungültig erklärt (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG) oder per Zweitbeschluss aufgehoben wird. Wird also z.B. ein Vergleich des Inhalts geschlossen, dass der angefochtene Beschluss nicht mehr gelten oder einen anderen Inhalt haben soll, bleibt der Beschluss davon unberührt (!). Möglich ist ein Vergleich aber in der Weise, dass der Kläger seine Klage gegen Zahlung eines Vergleichsbetrags zurücknimmt. Der Verwalter kann die zum Vergleich führende Erklärung ohne weiteres abgeben; ob er dabei pflichtgemäß oder schuldhaft handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Übrigen ist es ohne weiteres möglich und nicht unüblich, dass im Laufe des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, Änderungen des angefochtenen Beschlusses besprochen werden und diese Änderungen später auf einer hierzu einberufenen Versammlung im Wege der Beschlussfassung umgesetzt werden. Der Prozess kann in diesem Fall durch beiderseitige Erledigungserklärungen beendet werden.
Rz. 60
Geht es nicht um eine Beschlussanfechtung, sondern z.B. um eine Klage gegen Miteigentümer auf Unterlassung von Störungen oder auf Rückbau baulicher Veränderungen, kann der Verwalter keinen Vergleich abschließen, der einen ansonsten erforderlichen Beschluss oder gar eine Vereinbarung ersetzen würde. Er kann insbesondere nicht im Vergleichswege die streitgegenständliche bauliche Veränderung oder Störung, ggf. mit Änderungen, gestatten. Schließt der Verwalter bzw. Rechtsanwalt einen Vergleich unter Widerrufsvorbehalt und holt die Entscheidung der Eigentümerversammlung ein, hängt es vom Inhalt des Vergleichs ab, ob für den Genehmigungsbeschluss eine Beschlusskompetenz besteht und welche Mehrheiten erforderlich sind. Ein rechtswidriger Genehmigungsbeschluss kann angefochten werden; effektiv ist die Anfechtung aber nur, wenn parallel dazu per einstweiliger Verfügung die Beschlusswirkung suspendiert wird, weil der Vergleich sonst ungeachtet der Anfechtung wirksam wird. Wird der Genehmigungsbeschluss "nur" angefochten, ohne zugleich seine Suspendierung zu beantragen, und wird der Beschluss vollzogen, indem der Vergleich wirksam abgeschlossen wird, entfällt dadurch das Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung des Beschlusses über die Genehmigung des Vergleichs nicht, weil Folgenbeseitigungsansprüche in Betracht kommen.