Rz. 115
Gerichtliche Verfahren, die zum 1.12.2020 schon anhängig waren, sind gem. § 48 Abs. 5 WEG nach dem alten Verfahrensrecht weiter zu führen. Wurde eine Beschlussklage nach altem Recht gegen die übrigen Miteigentümer erhoben, bleiben diese mithin Beklagte. Die Klage muss nicht geändert und gegen die Gemeinschaft gerichtet werden. Das gilt auch für eine Beschlussersetzungsklage. Zwar ist § 48 Abs. 5 WEG insofern nicht unmittelbar einschlägig, weil die Beschlussersetzungsklage nach altem Recht (§ 21 Abs. 8 WEG a.F.) nicht "im dritten Teil" des Gesetzes geregelt war, worauf § 48 Abs. 5 WEG abstellt; nach Sinn und Zweck will die Bestimmung aber ersichtlich alle Beschlussklagen erfassen. Wenn materiell (nach neuem Recht) ein Anspruch auf Beschlusssetzung besteht, sind die (bisherigen) Beklagten entsprechend zu verurteilen. Zum Übergangsrecht hinsichtlich des Streitwerts → § 13 Rdn 64.
Rz. 116
Materiell gilt grundsätzlich, da das Gesetz keine Übergangsregelung enthält, seit dem 1.12.2020 das neue Recht. Bei Beschlussersetzungsklagen ist demnach auch dann (materiell) das neue Recht maßgeblich, wenn eine Klage noch vor dem 1.12.2020 erhoben wurde, denn es kommt darauf an, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf die Beschlussfassung besteht (→ § 6 Rdn 43). (Angefochtene) Beschlüsse, die vor dem 1.12.2020 gefasst wurden, sind demgegenüber nach dem zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden (alten Recht) zu beurteilen.
Rz. 117
Konsequenzen: Der Wechsel vom altem zum neuen Recht kann dazu führen, dass eine ursprünglich begründete Klage unbegründet wurde, weil sie sich gegen den (neuerdings) falschen Beklagten richtet. So verhält es sich bspw., wenn ein Wohnungseigentümer seinen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung gegen den Verwalter geltend machte, denn nach neuem Recht ist der Anspruch gegen die Gemeinschaft zu richten. In diesen Fällen ist ein Parteiwechsel (→ § 13 Rdn 15) zulässig. Theoretisch ist dafür zwar die Zustimmung des oder der ausscheidenden bisherigen Beklagten erforderlich, sofern schon eine mündliche Verhandlung stattfand; der BGH hat jedoch sehr pragmatisch entschieden, dass eine etwaige Verweigerung der Zustimmung missbräuchlich und damit unbeachtlich wäre. Der Wechsel vom alten zum neuen Recht kann auch dazu führen, dass eine ursprünglich zulässige Klage unzulässig wurde, insbesondere was insbesondere bei Rückbauklagen einzelner Wohnungseigentümer in Bezug auf bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums der Fall ist. Dieses Problem wird oben im Kapitel über bauliche Maßnahmen (→ § 8 Rdn 121) behandelt.
Rz. 118
Sonstiges:
Gem. § 47 WEG ist zu vermuten, dass das neue Recht etwaigen entgegenstehenden Altvereinbarungen vorgeht (→ § 7 Rdn 155).
Gem. § 48 WEG sind Altbeschlüsse, die auf der Basis einer in der Gemeinschaftsordnung verankerten Öffnungsklausel die Gemeinschaftsordnung ändern, bis zum 31.12.2025 im Grundbuch einzutragen, andernfalls sie ihre Wirkung gegen Sondernachfolger verlieren (→ § 2 Rdn 105).