Rz. 67
Aufforderungsbeschluss. Mangels Rechtswirkung der Aufforderung soll das Anfechtungsinteresse nicht mit 100 %, sondern mit einem Drittel des Interesses, dem Beschluss nicht folgen zu müssen, zu bewerten sein. Überzeugend ist diese Reduzierung nicht. Aus der (maßgeblichen) Sicht eines klagenden Wohnungseigentümers macht es keinen Unterschied, ob sich gegen eine Unterlassungs- oder Rückbauklage verteidigt oder gegen einen Beschluss zur Einleitung einer solchen Klage; das Interesse ist jeweils mit 100 % zu bewerten.
Rz. 68
Bauliche Maßnahmen. a) Beschlussanfechtung. Werden über die bauliche Maßnahme und deren Finanzierung zwei getrennte Beschlüsse gefasst und angefochten, sind diese wirtschaftlich identisch, weshalb die Streitwerte nicht addiert werden. b) Beseitigung. Der Streitwert einer Klage auf Beseitigung einer baulichen Maßnahme bemisst sich (nur) nach dem geschätzten Wertverlust des Hauses oder Wohnung. Weil es meistens nur um eine optische Beeinträchtigung mit geringer oder nicht messbarer Auswirkung auf den Verkehrswert gehen wird, kommen entsprechend geringe Werte heraus, insbesondere beim Streit um Parabolantennen. Nach dem alten Recht waren die (auch damals schon geringen) Werte höher als jetzt, weil auch bei Beseitigungsklagen das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer maßgeblich war; infolgedessen wurde zum Klägerinteresse das Beklageninteresse, keinen Rückbau vornehmen zu müssen (bestehend aus dem geschätzten Nutzungsinteresse zuzüglich der Beseitigungskosten) hinzuaddiert. Weil gem. § 49 S. 1 GKG das Gesamtinteresse aber nur noch bei Beschlussklagen maßgeblich ist, wirkt sich nach aktuellem Recht das "Bestandsinteresse" des Beklagten nicht auf den Streitwert aus.
Rz. 69
Beschlussersetzung. Wenn keine anderen Anhaltspunkte bestehen, sind – spiegelbildlich zur Beschlussanfechtung – die Gesamtkosten der erstrebten Maßnahme maßgeblich, für die Streitwertbegrenzung mithin die anteilig auf den Kläger entfallenden Kosten, wobei im Einzelfall Sonderinteressen (z.B. Wertminderung, Verzögerungsschäden) hinzuzurechnen sein können. Soll der Beschluss zur Einleitung eines Rechtsstreits (Unterlassungs- bzw. Rückbauklage) erzwungen werden, sind im Ausgangspunkt dessen voraussichtliche Kosten maßgeblich. (Zur kombinierten Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage → § 13 Rdn 79).
Rz. 70
Einberufung einer Versammlung. Für den Streitwert einer Klage auf Einberufung ist der Wert der Beschlüsse, die auf der Tagesordnung der begehrten Versammlung stehen sollen (quasi der Streitwert einer fiktiven Beschlussanfechtungsklage) allenfalls mittelbar maßgeblich, um das Klägerinteresse zu schätzen. Teilweise wird davon die Hälfte angesetzt, teilweise ein geringerer Bruchteil.
Rz. 71
Einsichtnahme in Abrechnungsunterlagen: 2.000,00 EUR.
Rz. 72
Entlastung. Der Streitwert der Anfechtung eines Beschlusses über die Entlastung des Verwalters bestimmt sich wie folgt:
a) |
Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter hat; dieser ist i.d.R. mit 1.000 EUR zu bemessen zuzüglich |
b) |
Höhe der potentiellen Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter. |
Wenn es für b) keine konkreten Anhaltspunkte gibt, ist offen, ob es bei a) bleibt (was m.E. richtig ist) oder ob zusätzlich bspw. ein Pauschalbetrag von bspw. 1.000,00 EUR oder 2.000 EUR anzusetzen ist.
Für die Entlastung des Verwaltungsbeirats gilt das Gleiche, wobei allerdings der Wert, den die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat hat, nur mit 500 EUR angesetzt wird.
Rz. 73
Entziehung von Wohnungseigentum gem. § 17 WEG. Für die Klage ist der Verkehrswert des Wohnungseigentums maßgeblich. Für die Anfechtung des Entziehungsbeschlusses der Gemeinschaft soll ein Bruchteil des Streitwerts der Entziehungsklage (konkret: 20 %), für den dem Entziehungsbeschluss vorangehenden Abmahnbeschluss wiederum ein Bruchteil (konkret: ein Drittel) anzusetzen sein.
Rz. 74
Feststellung, dass (k)ein Beschluss gefasst wurde: Der Streitwert entspricht dem einer Anfechtungsklage (kein "Feststellungsabschlag").
Rz. 75
Finanzierung/Kostenregelung. Jeder Beschluss, der eine Geldausgabe zum Gegenstand hat, sollte seine Finanzierung regeln. Oft lassen Verwalter über die Finanzierung gesondert abstimmen; einen überzeugenden Grund dafür gibt es aber nicht. Im Fall der Anfechtung des Beschlusses und seiner Finanzierungsregelung kommt letzterer kein eigener Wert zu.
Rz. 76
Herausgabe von Verwaltungsunterlagen durch den Ex-Verwalter: Das AG Hamburg schätzte auf 2.000,00 EUR. Das dürfte meistens zu wenig sein.
Rz. 77
Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan bzw. Anfechtung der Beschlüsse über Nachschüsse, Vorschüsse und deren Anpassung. Das "Interesse" aller Eigentümer richtet sich nach ihrer "Belastung". Bis zur WEG-Reform 2020 wurde hierunter der Gesamtwert der zu verteilenden Ausgaben verstanden ("Nennwert" der Abrechnung bzw. des Wirtschaftsplans). Wurden lediglich einzelne Rec...