1. Sofortige Beschwerde
Rz. 105
Gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts ist gem. § 567 ZPO die sofortige Beschwerde (im Folgenden nur noch: Beschwerde) in zwei Fällen statthaft:
Rz. 106
Entweder die Beschwerdefähigkeit des Beschlusses ist im Gesetz (hier insbesondere ZPO oder ZVG) ausdrücklich bestimmt.
Rz. 107
Oder es geht um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen wurde. Diese Variante ist nur höchst selten einschlägig.
Beispiel
Anstatt unverzüglich einen Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, wie es der Kläger gem. § 216 ZPO verlangt, ordnet der Richter an, den Rechtsstreit auf eine Warteliste zu setzen. Dagegen ist die Beschwerde statthaft.
Rz. 108
Zuständiges Beschwerdegericht ist gem. § 72 Abs. 2 GVG das auch als Berufungsgericht fungierende Landgericht (→ § 13 Rdn 87) als zentrales Beschwerdegericht. Das gilt nicht nur für Beschwerden im Erkenntnisverfahren, sondern auch für Zwangsvollstreckungssachen, sofern das Vollstreckungsverfahren eine inhaltliche Nähe zum vorangegangenen Erkenntnisverfahren aufweist; das ist z.B. der Fall, wenn der vollstreckte Titel die Unterlassung von Störungen zum Gegenstand hat, nicht aber bei der Vollstreckung von Geldforderungen.
Rz. 109
Die Beschwerde muss gem. § 569 Abs. 1 ZPO binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt werden, und zwar durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle. Es besteht kein Anwaltszwang. Die Beschwerde kann sowohl beim Ausgangsgericht (Amtsgericht) als auch beim Beschwerdegericht (Landgericht) eingelegt werden.
Rz. 110
Hinweis
Die sofortige Beschwerde sollte stets beim Amtsgericht eingelegt werden. Zum einen erübrigen sich dadurch a priori etwaige Zweifel hinsichtlich der Frage, welches das zuständige Beschwerdegericht ist. Zum anderen hat das Amtsgericht gem. § 572 Abs. 2 ZPO eine Abhilfebefugnis, kann also seine eigene Entscheidung noch abändern. Eine beim Landgericht eingelegte Beschwerdeschrift würde von dort ohnehin an das Amtsgericht weitergegeben werden, um diesem Gelegenheit zur Abhilfe zu geben.
Rz. 111
Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO). Bei der Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO ist die Sonderregelung des § 91a Abs. 2 S. 2 ZPO zu beachten: Demnach ist die Beschwerde nur zulässig, wenn auch die Berufung zulässig gewesen wäre, was sich nach dem hypothetischen Ausgang des Rechtsstreits richtet.
Rz. 112
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind unterschiedlich geregelt und können hier deshalb nicht im Einzelnen dargestellt werden. Gerichtskosten fallen grundsätzlich nur an, wenn eine Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird, und zwar i.d.R. als Festgebühren zwischen 50,00 EUR und 150,00 EUR. Bei den Rechtsanwaltsgebühren fällt im Normalfall nur eine 0,5-Verfahrensgebühr an (Nr. 3500 RVG-VV). Wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet, kommt eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) hinzu.
Rz. 113
Muster 13.7: Beschwerde gegen Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO
Muster 13.7: Beschwerde gegen Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO
An das Amtsgericht
Az.: 2 C 08/22
In Sachen
Acker u.a. / WEG Heinestraße 12, 75234 Musterstadt
legen wir namens der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.4.2022 ein und beantragen:
Der Beschluss wird abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 700,00 EUR
Begründung:
Die in diesem Verfahren angefochtenen Beschlüsse wurden in der Wohnungseigentümerversammlung am 10.3.2022 erneut, diesmal aber ohne Formfehler, gefasst. Nach Eintritt der Bestandskraft der Zweitbeschlüsse wurde der vorliegende Rechtsstreit beiderseits für erledigt erklärt. Zu Unrecht hat das Amtsgericht daraufhin im angefochtenen Beschluss Kostenaufhebung angeordnet. Gem. § 91a ZPO ist nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes zu entscheiden. Die Anfechtungsklage war bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses (Bestandskraft der Zweitbeschlüsse) zulässig und begründet, weshalb nur die Kostentragungspflicht der Beklagten billigem Ermessen entspricht.
Rechtsanwälte N.N.