I. Allgemeines
Rz. 32
Ziel der Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht ist einerseits, das durch Erbschaft erworbene Vermögen des Pflichtteilsberechtigten vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen bzw. ihn daran zu hindern, seine Erbschaft zu verschwenden. Insoweit steht also das wohlverstandene Interesse des Pflichtteilsberechtigten im Vordergrund. Andererseits soll auch das Familienvermögen vor der Gefahr des Verlustes durch Verschwendung oder Überschuldung geschützt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, kann der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen unter Angabe der Gründe das Pflichtteilsrecht eines Abkömmlings beschränken. Das Gesetz stellt in § 2338 BGB insgesamt drei Möglichkeiten zur Verfügung, die auch nebeneinander angewendet werden können:
▪ |
die Einsetzung der gesetzlichen Erben als Nacherben, |
▪ |
die Anordnung eines Nachvermächtnisses sowie |
▪ |
die Anordnung einer Verwaltungsvollstreckung. |
Die nach § 2338 BGB möglichen Anordnungen können auch von einem durch gemeinschaftliches Testament oder durch Erbvertrag gebundenen Erblasser getroffen werden.
Rz. 33
Die Beschränkung des Pflichtteils in guter Absicht ist möglich, wenn der spätere Erwerb der Erbschaft durch Verschwendungssucht oder Überschuldung des erbenden Abkömmlings erheblich gefährdet ist. Andere Gründe berechtigen nicht zu einer Beschränkung nach § 2338 BGB; die Vorschrift ist nicht analogiefähig.
Durch die Verschwendung oder die Überschuldung muss der spätere Erwerb des Erb- oder Pflichtteils des Abkömmlings gefährdet sein, nicht jedoch das sonstige Vermögen des Abkömmlings.
Rz. 34
Verschwendung setzt eine Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung voraus. Eine Notlage muss dadurch noch nicht verursacht sein.
Rz. 35
Überschuldung des Abkömmlings liegt vor, wenn seine Verbindlichkeiten sein Aktivvermögen übersteigen. Bloße Zahlungsunfähigkeit genügt nicht, weshalb bei natürlichen Personen allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch nicht zur Pflichtteilsbeschränkung berechtigt, weil bei diesen allein die Zahlungsunfähigkeit und nicht die Überschuldung Insolvenzgrund ist.
Rz. 36
Weitere Voraussetzung ist, dass aufgrund der Überschuldung oder Verschwendung der spätere Erwerb erheblich gefährdet wird. Es muss also Anlass zu der Annahme bestehen, der Abkömmling werde das ihm zufließende Vermögen ganz oder zum großen Teil wieder verlieren.
Rz. 37
Die Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht kann nur gegenüber einem Abkömmling, nicht gegenüber dem Ehegatten oder den Eltern des Erblassers erfolgen. Die Rechtsfolge einer wirksamen Beschränkung ist allerdings nicht der Verlust des Ausschlagungsrechtes nach § 2306 BGB. Der Pflichtteilsberechtigte kann wählen, ob er den nach § 2338 BGB beschränkten Erbteil annimmt oder ausschlägt. Entscheidet er sich für eine Ausschlagung, so erhält er zwar den Pflichtteil. Die Ausschlagung führt aber nicht dazu, dass die Beschränkungen nach § 2338 BGB wegfallen.
II. Gestaltung der Beschränkung
Rz. 38
Nach § 2338 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Erblasser dem Erben seinen Erb- oder Pflichtteil lediglich als Vorerbe bzw. Vorvermächtnisnehmer zukommen lassen und die gesetzlichen Erben des Pflichtteilsberechtigten zu Nacherben bzw. Nachvermächtnisnehmern bestimmen. Dies hat zur Folge, dass durch die Vorerbschaft, § 2115 BGB, nicht nur der Pflichtteil bzw. Erbteil der Pfändung entzogen ist, sondern gemäß § 863 ZPO auch die Nutzungen, soweit diese für den standesgemäßen Unterhalt des Pflichtteilsberechtigten und dessen Familie erforderlich sind.
Im Falle einer Nachvermächtnisanordnung ist aber immer eine begleitende Verwaltungsvollstreckung anzuordnen, weil § 2115 BGB, § 863 ZPO nicht gelten (§ 2191 Abs. 2 BGB) und die gesetzlichen Erben daher gefährdet sind.
Zu beachten ist, dass die Beschränkung nur gegenüber den persönlichen Gläubigern gilt.
Rz. 39
Gleiches gilt für die nach § 2338 Abs. 1 S. 2 BGB bestehende Möglichkeit, für die Lebenszeit des Abkömmlings die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu übertragen, sodass der Abkömmling regelmäßig nur Anspruch auf den jährlichen Reinertrag hat, § 2338 Abs. 1 S. 2 BGB. Durch eine solche Anordnung entzieht der Erblasser dem Abkömmling zu dessen Schutz das Verfügungsrecht über den Nachlassgegenstand, schließt gleichzeitig dessen Eigengläubiger vom Pfändungszugriff aus und entzieht ihnen die Nutzungen nach Maßgabe des § 863 ZPO.
III. Grund der Pflichtteilsbeschränkung
Rz. 40
Der Grund der Beschränkung muss sowohl zum Zeitpunkt der Errichtung de...