Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 249
Wird außergerichtlich weder der Zahlungsanspruch noch der Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung erfüllt, ist der Pflichtteilsberechtigte zur Hemmung der Verjährung darauf angewiesen, den Pflichtteilsanspruch im Wege der Stufenklage geltend zu machen. Bei der Durchsetzung im Wege der Stufenklage wird es aber i.d.R. einige Jahre dauern, bis der Pflichtteilsberechtigte schließlich in der letzten Stufe seinen Zahlungsanspruch beziffern kann. Auch wenn der Zahlungsanspruch in der letzten Stufe grundsätzlich nicht verjährt (zumindest wenn er nach Erfüllung der Hilfsansprüche konkret gestellt wird), besteht die Problematik, dass der Pflichtteilsberechtigte über einen längeren Zeitraum kein Geld sieht. Es besteht daher die Möglichkeit, vor Erhebung der Stufenklage zu prüfen, ob diese nicht bereits mit einer bezifferten Teilklage verbunden werden sollte.
Rz. 250
Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, eine unbezifferte Stufenklage mit einer bezifferten Teilklage zu verbinden, wodurch die Möglichkeit besteht, neben dem Auskunftsanspruch auf erster Stufe auch einen Mindestzahlbetrag einzuklagen, um den Restbetrag der Leistungsstufe und Bezifferung nach Auskunftserteilung und ggf. Wertermittlung vorzubehalten. Unter Bezugnahme auf verbesserte Vollstreckungschancen wird dieses Vorgehen teilweise empfohlen. In der Praxis wird eine Entscheidung über den auf erster Stufe eingeklagten Teilbetrag allerdings bereits dann unzulässig, wenn für den Teil des Verfahrensgegenstandes, über den ein Teilurteil erlassen werden soll, die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht. Ein Gegner, der einen bezifferten Mindestbetrag im Rahmen einer Stufenklage entgegentreten will, kann einwenden, dass erst nach vollständiger Auskunft über eventuelle Verbindlichkeiten entschieden werden kann, ob der eingeklagte Teilbetrag begründet ist. Dieser Einwand, verbunden mit dem Hinweis darauf, dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen droht, genügt in der Regel, um das klägerische Begehren zu Fall zu bringen. Auch eine widerklagend geltend gemachte und ausstehende Auskunft zu § 2315 BGB und § 2327 BGB des Klägers über anzurechnende Eigengeschenke kann die Gefahr widersprechender Entscheidungen begründen.
Rz. 251
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Muster 13.10: Stufenklage und bezifferte Teilklage
An das Landgericht _________________________
Stufenklage und bezifferte Teilklage
des Klägers _________________________
gegen
den Beklagten _________________________
wegen Pflichtteil und Pflichtteilsergänzung
Namens und im Auftrag des Klägers werde ich im Termin zur mündlichen Verhandlung was folgt beantragen:
1. |
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von _________________________ EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit _________________________ zu bezahlen. |
2. |
Der Beklagte wird verurteilt,
a) |
Auskunft über den Nachlass des verstorbenen Erblassers _________________________, verstorben am _________________________, unter Hinzuziehung des Klägers zu erteilen durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses, welches insbesondere folgende Punkte umfasst:
aa) |
alle zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Immobilien, Sachen und Forderungen (Aktiva), |
bb) |
alle zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Erbfallkosten und Erblasserschulden (Passiva), |
cc) |
alle unentgeltlichen und teilunentgeltlichen Zuwendungen sowie ehebezogenen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat (§ 2325 BGB). |
|
b) |
Für den Fall, dass die Auskunft unter Ziff. 2. a) nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden sein sollte, zu Protokoll des Gerichts an Eides statt zu versichern, dass er den Bestand des Nachlasses und die erteilten Auskünfte über die lebezeitigen unentgeltlichen und teilunentgeltlichen Zuwendungen nach bestem Wissen so angegeben hat, wie er dazu imstande war. |
c) |
Den Wert der sich nach erteilter Auskunft ergebenden Nachlassgegenstände (mit Ausnahme des Grundstücks _________________________) durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens ermitteln zu lassen. |
d) |
Ein Viertel (Quote) des sich anhand der nach Ziff. 2. a), b) und c) zu erteilenden Auskunft, eidesstattlichen Versicherung und Wertermittlung ergebenden Betrages abzüglich des aus Ziff. 1. stattgegebenen Betrages zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz seit _________________________ zu bezahlen. |
|
Begründung:
In Ziff. 1. der Klageschrift macht der Kläger im Wege der Teilklage bereits einen unstreitig bestehenden Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch anhand der bislang bekannten Nachlassgegenstände und Nachlassforderungen geltend. Nach Ansicht des BGH kann eine Stufenklage mit einer mit einem Mindestbetrag bezifferten Teilklage verbunden werden. Der Zahlungsanspruch wird daher bereits als unstreitiger Teil des in der Stufenklage unter Ziff. 2. d) geltend gemachten Zahlungsanspruchs vorab gefordert.
Der Zahlungsanspruch gem. Ziff. 1. basier...