Dr. iur. Nikolas Hölscher
I. Sachliche Zuständigkeit
Rz. 14
Die Frage, ob hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit das Amtsgericht oder das Landgericht in erster Instanz zuständig ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 23, 71 Abs. 1 GVG. Bei einem Streitwert bis 5.000 EUR ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts, bei einem Streitwert über 5.000 EUR die des Landgerichts gegeben. Bei der Stufenklage ist der Zuständigkeits- und der Gebührenstreitwert zu unterscheiden. Für den Zuständigkeitsstreitwert werden gemäß § 5 ZPO die Werte aller Stufen addiert. Die Höhe des Gesamtstreitwerts ergibt sich aus den Vorstellungen des Klägers bei Einleitung des Verfahrens über die Höhe seines möglichen Pflichtteilsanspruchs.
II. Obligatorische Güteverhandlung und außergerichtliche Konfliktbeilegung
Rz. 15
Nach § 278 ZPO ist in erster Instanz (Eingangsgerichte Amtsgericht und Landgericht) eine obligatorische Güteverhandlung durchzuführen. Die Institutionalisierung des Schlichtungsgedankens war im Rahmen der ZPO-Reform ein zentrales Thema.
Einer Güteverhandlung bedarf es allerdings dann nicht, wenn bereits ein außergerichtlich erfolgloser Schlichtungsversuch (z.B. vor einer der nach § 15a EGZPO eingeführten Schlichtungsstellen) stattgefunden hat. Allerdings muss es sich nicht zwingend um ein Verfahren nach § 15a EGZPO gehandelt haben; es genügt auch, wenn ein freiwilliger Schlichtungsversuch vorlag, wobei Hartmann davon ausgeht, dass dieser dann zumindest vor einer staatlich anerkannten Schlichtungsstelle stattgefunden haben muss. Eine Güteverhandlung ist auch dann nicht durchzuführen, wenn sie erkennbar aussichtslos erscheint. Im Rahmen einer Pflichtteilsklage dürfte dies, worauf Fleindl zu Recht hinweist, oftmals der Fall sein, was jedoch nicht heißt, dass im Klageschriftsatz hierzu nicht gesondert vorgetragen werden sollte.
Rz. 16
Nach § 278a ZPO kann das Gericht den Parteien eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorschlagen. Stimmen beide Parteien dem Vorschlag zu, ordnet das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. In diesem Fall ist aber für die Verjährung des Anspruchs zu beachten, dass bei Nichtbetreiben des Prozesses die Verjährung sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung weiterläuft (§ 204 Abs. 2 S. 2 BGB).
III. Örtliche Zuständigkeit
1. Besonderer Gerichtsstand der Erbschaft
Rz. 17
Nach § 27 Abs. 1 ZPO ist für die jeweilige Klage das Gericht, an dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12–16 ZPO) hatte, zuständig. Man spricht hier auch von dem besonderen Gerichtsstand der Erbschaft, dessen Zweck die Zusammenfassung verschiedener Prozesse bei einem sachnahen Gericht ist. Grundsätzlich ist danach gem. § 13 ZPO das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Unter dem Begriff des Wohnsitzes versteht man den Ort, an dem sich der Erblasser auf Dauer niedergelassen hat, und zwar mit der Absicht, diesen zum Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Tätigkeit zu machen. In dem Fall, dass der Erblasser mehrere Wohnsitze hatte, bestehen auch grundsätzlich mehrere besondere Gerichtsstände der Erbschaft. In einem solchen Fall obliegt dem Kläger gem. § 35 ZPO die Wahl des Gerichtsstands.
Rz. 18
Der Gerichtsstand der Erbschaft gilt für Klagen auf Auskunft und Zahlung des Pflichtteilsanspruchs ebenso wie für die Klage auf Feststellung des Erbrechts oder bei einer Anfechtungsklage bezüglich der Erbunwürdigkeit (§ 2342 BGB). Zur Geltendmachung der Pflichtteilsunwürdigkeit selbst ist jedoch keine Klage erforderlich (§ 2345 BGB). Diese erfolgt vielmehr durch formlose Erklärung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten. Die Voraussetzungen der Pflichtteilsunwürdigkeit sind dann im Rahmen der Leistungsklage zu prüfen. Unter den besonderen Gerichtsstand des § 27 ZPO fällt ferner auch der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2329 BGB gegenüber den Beschenkten. Für den besonderen Gerichtsstand der Erbschaft ist es letztlich unerheblich, ob sich die Nachlassgegenstände tatsächlich im Gerichtsbezirk des Wohnsitzes des Erblassers befinden oder jemals dort befunden haben. § 27 ZPO gilt auch bei Anwendung ausländischen Erbrechts, soweit der deutsche Erblasser wegen Art. 3 Abs. 3 EGBGB für im Ausland belegenes Vermögen nach ausländischem Recht beerbt wird.
2. Allgemeiner Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO)
Rz. 1...