Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 244
Der Kläger kann den Auskunftsantrag für erledigt erklären, wenn der Beklagte das Auskunftsbegehren nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfüllt hat. Erklären die Parteien der Stufenklage die Hauptsache nach der Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt, hat das Gericht unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung vorliegt, gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, wobei es bei der Ausübung seines Ermessens auch das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigen kann. Stellt sich nach Auskunftserteilung heraus, dass der Pflichtteilsanspruch hinter den bei Einreichung der Klage zum Zweck der vorläufigen Streitwertfestsetzung geäußerten Vorstellungen zurückbleibt, führt das nur dann zu einer anteiligen Kostenbelastung des Klägers, wenn die Wertangabe willkürlich und ohne jedes Maß erfolgt ist. Stellt sich allerdings heraus, dass ein Pflichtteilsanspruch mangels hinreichendem Nachlass nicht besteht und der in der letzten Stufe geltend gemachte Zahlungsanspruch deshalb unbegründet ist, so stellt sich die Frage, wie prozessual zu verfahren ist bzw. wen nunmehr die Kostentragungspflicht trifft. Denn allein durch die Erledigungserklärung kann der Kläger die Kostentragungspflicht hinsichtlich des Zahlungsantrags nicht abwenden.
Rz. 245
Stellt sich nach erteilter Auskunft heraus, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht, kann der Leistungsantrag zwar für erledigt erklärt werden; da dieser jedoch von Anfang an unbegründet gewesen ist, trifft den Pflichtteilsberechtigten die Kostentragungspflicht. Eine Meinung in der Rechtsprechung geht in einem solchen Fall davon aus, dass der Kläger die Leistungsklage zurücknehmen kann, ohne dass ihn die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO trifft. In der Literatur wird des Weiteren die Meinung vertreten, dass der Kläger nach Erhalt der Auskunft sofort auf einen Leistungsanspruch verzichten kann (§ 306 ZPO) und dass in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO die Kosten der Leistungsstufe dem Beklagten aufzuerlegen sind.
Rz. 246
Anders sieht dies hingegen die Rechtsprechung des BGH. Sie lehnt insbesondere eine analoge Anwendung des Rechtsgedanken aus § 93 ZPO ab. Da die Zahlungsklage in einem solchen Fall unbegründet gewesen wäre, trifft den Kläger zunächst nach Ansicht des BGH auch die Kostenfolge nach § 91a ZPO. Da dies letztlich aber zu einer ungerechten Kostentragungspflicht des Klägers führt, insbesondere wenn er zur Vermeidung der Verjährung bereits einen Zahlungsanspruch im Wege der Stufenklage rechtshängig machen musste, löst der BGH das Problem dahingehend, dass er dem Kläger einen materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch hinsichtlich der angefallenen Kosten zubilligt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kosten bei rechtzeitiger Auskunftserteilung vermeidbar gewesen wären. Damit der Kläger den Schadenersatzanspruch nicht in einem weiteren Folgeprozess geltend machen muss, hat der BGH eine Klageänderung auf den Schadenersatzanspruch nach § 263 ZPO als sachdienlich angesehen.
Rz. 247
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Muster 13.9: Klageänderung auf Schadensersatzanspruch (Kostentragung)
An das Landgericht _________________________
In dem Rechtsstreit
_________________________ ./. _________________________
beantragen wir nach erfolgter Auskunfts- und Wertermittlung durch den Beklagten im Wege der Klageänderung:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Prozesskosten betreffend den Rechtsstreit vor dem Landgericht _________________________, Az. _________________________, zu ersetzen.
Begründung:
Die durch den Beklagten erteilte Auskunft und Wertermittlung hat ergeben, dass der Klägerin kein Anspruch auf Pflichtteilszahlung mehr zusteht. _________________________ (weitere Ausführungen zu den einzelnen Werten).
Der Beklagte befand sich mit der Erfüllung des Auskunfts- und Wertermittlungsanspruchs in Verzug. _________________________ (weitere Ausführungen und Beweisangebote, dass der Beklagte sich in Verzug befand).
Die Kosten des Prozesses stellen daher einen Verzugsschaden der Klägerin dar, den diese durch die Nichterteilung der Auskunft und Wertermittlung erlitten hat.
Die Klageänderung ist vorliegend auch sachdienlich, da dadurch ein weiterer Prozess vermieden wird (vgl. BGH, Urt. v. 5.5.1994 – III ZR 98/93, NJW 1994, 2895).
(Rechtsanwalt)
Rz. 248
Praxishinweis
Im Hinblick auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO bleibt zu überlegen, ob eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf das genannte Problem nicht die prozessökonomisch günstigste Lösungsmöglichkeit darstellt.