Dr. iur. Nikolas Hölscher
I. Allgemeines
Rz. 116
Mit der Feststellungsklage kann nach § 256 ZPO die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklärt werden. Will der Kläger die Feststellung seines Erb- bzw. Pflichtteilsrechts klären, kann er dies grundsätzlich mit der Feststellungsklage erreichen.
Rz. 117
Die Feststellungsklage kann aber nicht auf die Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Willenserklärung oder einer sonstigen Rechtshandlung gerichtet werden (z.B. auf die Wirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung). Dies gilt es, im Antrag der Feststellungsklage in jedem Fall zu beachten. Allerdings agiert die Rechtsprechung hinsichtlich eines mangelhaften Klageantrags und dessen Auslegung großzügig.
Rz. 118
Der Pflichtteilsberechtigte kann mit der Feststellungsklage feststellen lassen, ob ein rechtswirksamer Erb- und Pflichtteilsverzicht vorliegt oder das Nichtbestehen eines Pflichtteilsentziehungsrechts gegeben ist.
Rz. 119
Hinsichtlich der Zulässigkeit und des Rechtsschutzbedürfnisses einer solchen Feststellungsklage ist zwischen dem Zeitpunkt vor dem Erbfall und dem Zeitpunkt nach dem Erbfall zu unterscheiden.
II. Feststellungsklage vor dem Erbfall
Rz. 120
Anerkannt ist, dass der Erblasser selbst vor dem Eintritt des Erbfalls ein Rechtsschutzbedürfnis an der Klärung der Frage hat, ob ein Pflichtteilsrecht besteht oder nicht. Der Erblasser selbst kann daher bereits zu Lebzeiten die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Pflichtteilsrechts klären lassen. Darüber hinaus kann der Erblasser auch auf Feststellung klagen, dass ihm ein Pflichtteilsentziehungsrecht zusteht. Die Feststellungsklage kann sich daher auch nur auf Teilbereiche des Rechtsverhältnisses beziehen.
Rz. 121
Auch wenn es allgemeine Meinung war, dass der Erblasser grundsätzlich ein weitaus höheres Feststellungsinteresse an der Frage einer eventuellen Pflichtteilsberechtigung hat als der Pflichtteilsberechtigte selbst, wurde auch diesem ein Rechtsschutzbedürfnis und somit ein Anspruch auf Feststellung der Pflichtteilsberechtigung, nicht zuletzt aus prozessökonomischen Gründen, im Einzelfall zugesprochen. Zwischenzeitlich ist der BGH in Weiterführung zu BGHZ 109, 306 der Auffassung, dass das rechtliche Interesse des Pflichtteilsberechtigte an einer negativen Feststellung zu Lebzeiten des Erblassers, dass ein Recht zur Pflichtteilsentziehung nicht besteht, zu bejahen ist. Der Pflichtteilsberechtigte kann allerdings vor dem Eintritt des Erbfalls nicht auf Feststellung des Pflichtteilsanspruchs an sich klagen, da dieses Rechtsverhältnis erst mit dem Eintritt des Erbfalls entsteht.
Rz. 122
Formulierungsbeispiel: Feststellungsantrag des Pflichtteilsberechtigten auf Nichtbestehen eines Pflichtteilsentziehungsgrundes
An das Landgericht (…)
In Sachen
(…) ./. (…)
wegen Feststellung (…)
erheben wir namens und im Auftrag des Klägers Klage und werden im Termin zur mündlichen Verhandlung was folgt beantragen:
1. |
Es wird festgestellt, dass die Entziehung des Pflichtteilsanspruchs des Klägers durch den Beklagten im Testament vom (…) aufgrund des dort angegebenen Kernsachverhalts unwirksam ist. |
2. |
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. |
Begründung:
(…)
III. Feststellungsklage, wenn der Erblasser während des Verfahrens verstirbt
Rz. 123
Schwierig gestaltet sich die Situation, wenn der Erblasser während eines Verfahrens auf Feststellung verstirbt. Wird gegen den Erblasser eine Feststellungsklage bezüglich des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechts betrieben und verstirbt er während des Verfahrens, dann entfällt damit auch das Feststellungsinteresse für den Pflichtteilsberechtigten. Verstirbt der Erblasser hingegen während eines von ihm selbst betriebenen Verfahrens auf Feststellung über das Nichtbestehen eines Pflichtteilsrechts, ist hinsichtlich des Feststellungsinteresses, welches selbst Sachurteilsvoraussetzung i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO ist, auf den Prüfungszeitpunkt abzustellen, was von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Ein solches Feststellungsinteresse fehlt insbesondere dann, wenn nicht feststeht, ob der Erblasser überhaupt eine enterbende Verfügung von Todes wegen errichtet hat. Dem Pflichtteilsberechtigten verbleibt dann nur die Möglichkeit, den Rechtsstreit mit einem geänderten Antrag über das Pflichtteilsrecht fortzuführen.
IV. Feststellungsklage nach Eintritt des Erbfalls
Rz. 124
Der Pflichtteilsberechtigte, aber auch der Erbe bzw. der Miterbe kann nach dem Eintritt des Erbfalls sowohl eine negative Feststellungsklage auf Nichtbestehen des Pflichtteilsre...